Jüdisch-arabisches Zusammenleben in Israel – keine Schlagzeile wert?

Die Extremisten bekommen viel Aufmerksamkeit. Der Krieg produziert grausame Bilder. Doch was ist mit den normalen Leuten in Israel? Der Journalist und Autor Igal Avidan hat in seinem Buch „… und es wurde Licht“ die Berichte von 50 normalen Israelis gesammelt, die ziemlich interessant sind. Am 14. November stellte er einige von ihnen bei einer Abendveranstaltung im Rahmen der Friedensdekade in Weimar vor.
Da wäre der Weltenbummler und Gastwirt Uri Buri mit seinem Fischrestaurant in Akko, dessen Ziel „Normalität“ ist. Wer von seinen 69 Mitarbeitern jüdisch oder arabisch ist? Das zu zählen hat er längst aufgehört. Da wären die jüdischen und arabischen Erzieher und Erzieherinnen des bilingualen Kindergartens in Haifa, die ihre Einrichtung als „Tropfen im Ozean“, ein „Tropfen, der Gold wert ist“ sehen. Als der Autor ihn besuchte, sangen die Kinder zuerst auf Arabisch, dann auf Hebräisch „O Tannenbaum“. Auch wären da das Arabisch-Hebräische Theater in Jaffa mit seinem Stück „Die Stunde null“, das die Zuschauer zum Beginn des Konflikts in Palästina 1929 führt oder das Kulturzentrum in der Stadt, unter dessen Dach ein Frauenchor jüdische und arabische Liebeslieder sowie Veteranen des israelischen Militärorchesters proben.
All diese Beispiele eines fragilen, spannungsreichen, wie immer wieder gelingenden Zusammenlebens von 80% Juden und 20% Arabern in Israel evozierten im Anschluss die Frage, ob Igal Avidan nicht zu optimistisch sei, wenn er von einem Zusammenleben redet, „das den Vorstellungen von ewigem Hass (von Politikern auf beiden Seiten gern geschürt) nicht entspricht“. Der Autor entgegnete dem mit der massenhaften Kritik an der Regierung Netanjahu, der rechtsextremen Ministern in seiner Regierung Macht gegeben habe. Auch seien 70% Prozent der Israelis gegen den Gaza-Krieg, die Mehrheit wolle vor allem die Befreiung der Geiseln. Dass er ganz und gar nicht naiv an die Materie herangeht, zeigte der Ausgangspunkt seines Buches: der tagelange innerisraelische Gewaltausbruch vom Mai 2021. Währenddessen, so Igal Avidan, „war ich schockiert von der arabischen Gewalt, schämte mich für die jüdische“.