Evangelische Akademie Thüringen

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Friedensgebet zur Abschaffung der Folter

Menschenrechtsaktivist Ton-Vinh Trinh-Do spricht beim Friedensgebet am 20. Juni in der Nikolaikirche Leipzig. Foto: © Kranich/EAT
Menschenrechtsaktivist Ton-Vinh Trinh-Do spricht beim Friedensgebet am 20. Juni in der Nikolaikirche Leipzig. Foto: © Kranich/EAT

Die Wahrheit erkennen – den Weg finden: Unter diesem Motto stand das Friedensgebet der Aktion der Christen zur Abschaffung der Folter (ACAT) am Montag, den 20. Juni, in der Nikolaikirche Leipzig. Diese Kirche, in der nunmehr seit 40 Jahren Friedensgebete stattfinden, sei ein guter Ort zum Einsatz für die Wahrheit, so der gebürtige Vietnamese und Menschenrechtsaktivist Ton-Vinh Trinh-Do.

Akademiedirektor Sebastian Kranich nahm in seiner Predigt unter anderem diesen Gedanken auf. Er erinnerte an den Dichter Václav Havel und das Motto: In der Wahrheit leben. Havel habe in den 1970er Jahren die tägliche Lüge und deren passive Hinnahme als die Grundlage kommunistischer Herrschaft erkannt. Die Diktatur, so Havel, sei undenkbar, wenn jeder Bürger den Mut zur Verweigerung der Lüge aufbrächte. Welche Herausforderung darin aber stecke, zeige der vollständige Titel seiner Schrift: Versuch in der Wahrheit zu leben.

Ins biblische Zentrum dieses Friedensgebetes hatte bereits zu Beginn der ACAT-Vorsitzende Wolfgang Bentrup geführt: Die Wahrheit erkennen – den Weg finden sei als Überschrift gewählt worden, da das Thema aktueller kaum sein könne angesichts des Krieges im Osten Europas und der Propaganda, die den Krieg begleitet und begründen soll, besonders in Russland. „Aber war es nicht schon immer so?“, so Bentrup: „Verunsichert durch Krisen und Veränderungen in der Welt, klammern sich immer mehr Menschen an Vereinfachungen, die auf Verschwörungstheorien und Fake News basieren, welche über Medien oder soziale Netzwerke verbreitet werden.“

Die Wahrheit sei oft schwer zu erkennen. Das sei die Situation, in der sich Pilatus beim Prozess gegen Jesus befand: Was ist Wahrheit? (Joh 18,38). Pilatus habe gewusst, dass das politische Spiel von sich widersprechenden Wahrheiten durchsetzt sei, und er habe bezweifelt, ob es überhaupt eine Wahrheit gebe. Doch Jesus hätte ihm eben bestätigt, dass es die Wahrheit gibt: Mein Königreich gehört nicht dieser Welt an. […]. Ich bin dazu geboren und in die Welt gekommen, dass ich die Wahrheit bezeuge. Alle, die der Wahrheit angehören, hören auf meine Stimme. (Joh 18,36-37).

Jesus habe sich als Zeuge der Wahrheit bis hin zum Märtyrertod präsentiert. Aber er habe die Frage des Pilatus nicht beantwortet. „Christus setzt sowohl den Weg als auch die Wahrheit und das Leben mit seiner Person gleich. Man findet diesen Weg, indem man Christus nachfolgt. Das haben seine Jünger getan“ – so Bentrup weiter.

ACAT versucht den Weg der Nachfolge zu gehen, indem sich die Menschenrechtsorganisation mit Briefaktionen und Petitionen für Gefangene und Misshandelte einsetzt und für sie betet. So wurde im Leipziger Friedensgebet an den in Vietnam inhaftierten Journalisten Le Huu Minh Tuan und an die in China inhaftierte Journalistin Huang Xueqin erinnert und gebetet, ebenso wie an die misshandelten Menschenrechtsaktivistinnen Sultana Khaya und ihrer Schwester Luara in Marokko/Westsahara und die unter russischer Besatzung gefolterten Menschen in der Ukraine.

Ungefähr 70 Menschen erlebten in der Nikolaikirche Leipzig eine intensive und bewegende Stunde, zu der auch Orgelmusik und gemeinsamer Liedgesang beitrugen. Eine Liedstrophe wurde allerdings nicht gesungen. Zum Abschluss seiner Predigt rezitierte Sebastian Kranich die zweite Strophe von Jesu meine Freude in der Fassung des Liedermachers Gerhard Schöne:

Du warst eingemauert / Du hast überdauert / Lager, Bann und Haft
Bist nicht totzukriegen / Niemand kann besiegen / Deiner Liebe Kraft
Wer dich foltert und erschlägt / Hofft auf deinen Tod vergebens / Samenkorn des Lebens

Nach der Tagung Menschenrechte unter Druck. Aus Vergangenheit und Gegenwart in (ex-)sozialistischen Staaten in Neudietendorf und der Eisenacher Buchvorstellung Drachenjahre – 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen Gefängnis war das Friedensgebet in Leipzig die dritte Kooperation der Ev. Akademie Thüringen mit ACAT.