Evangelische Akademie Thüringen

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„Ganz viel Makro im Mikro“ – Forumtheater und politische Bildung

  • Forumtheater ist eine Methode des "Theaters der Unterdrückten" nach dem brasilianischen Theatermacher und Aktivisten Augusto Boal. Foto: © EAT
    Forumtheater ist eine Methode des "Theaters der Unterdrückten" nach dem brasilianischen Theatermacher und Aktivisten Augusto Boal. Foto: © EAT
  • Im Workshop wurde exemplarisch an selbstentwickelten Szenen gearbeitet. Foto: © EAT
    Im Workshop wurde exemplarisch an selbstentwickelten Szenen gearbeitet. Foto: © EAT
  • Hören, Sehen, Fühlen, Spüren... Augusto Boal entwickelte Übungen und Spiele, mit denen Menschen ihre Wahrnehmung schärfen und sensibel werden für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft. Foto: © EAT
    Hören, Sehen, Fühlen, Spüren... Augusto Boal entwickelte Übungen und Spiele, mit denen Menschen ihre Wahrnehmung schärfen und sensibel werden für ihre Mitmenschen und die Gesellschaft. Foto: © EAT

Forumtheater macht unzufrieden. Es deckt Ungerechtigkeit auf und zwingt einem die Perspektive der Schwachen auf, der Unterdrückten, der Hilflosen. Laien bringen in dieser Theaterform Situationen auf die Bühne, an denen sie etwas ändern möchten. Gemeinsam mit dem Publikum – bzw. dem Forum – wird dann überlegt und ausprobiert, wie sich die Situation im Kleinen verbessern lässt. „Es steckt immer ganz viel Makro im Mikro“, erklärte Referent Till Baumann, Theaterpädagoge und -macher aus Berlin, vergangene Woche im Vertiefungsworkshop „Forumtheater in der politischen Bildung II“. Jede kleine Situation auf der Bühne trägt den gesellschaftlichen Kontext mit seinen Machtstrukturen in sich. Die Mikrostruktur zu ändern hat deshalb auch Bedeutung für das große Ganze. Genau deshalb eignet Forumtheater sich so gut für die politische Bildung. Denn es macht nicht nur unzufrieden, sondern ermutigt auch zum Handeln.

Zum Vertiefungsworkshop trafen sich in der Jugendbildungsstätte Junker Jörg in Eisenach u.a. Engagierte aus politischer Bildung, Gedenkstättenpädagogik und interkultureller Bildung, um weiter an den Möglichkeiten des „Theaters der Unterdrückten“ des brasilianischen Theatermachers Augusto Boal in der politischen Bildung zu arbeiten. Im Zentrum stand Forumtheater, aber Referent Till Baumann gab zusätzlich einen Einblick in weitere Methoden wie Zeitungstheater oder den „Regenbogen der Wünsche“. Allen ist gemein, dass sie sich um die Aufdeckung von Machtverhältnissen drehen und um das Empowerment der Unterdrückten.

Unterdrückung ist ein starkes Wort – für Menschen in der brasilianischen Militärdiktatur der 1970er Jahre klingt es passend, in deren Kontext diese Methoden entwickelt wurden. Für Schauspielerinnen und Pädagogen in Deutschland fühlt es sich 2020 seltsam oder übertrieben an. Und dennoch fanden sich im Workshop genügend Themen, die die Teilnehmenden verändern wollen: Sexismus, Homophobie, eine laute, schrille Medienlandschaft, in der für Mitgefühl kaum Platz scheint… Am Ende des Workshops war daher klar: Es steckt viel Potenzial im „Theater der Unterdrückten“, um sich mit politischen Fragestellungen auseinanderzusetzen und Schauspielende wie Zuschauende zu bestärken, die Welt im Kleinen wie im Großen zu verbessern.

Der Workshop war eine Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen und der IG Metall Jena-Saalfeld und Gera.