Evangelische Akademie Thüringen

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Ist Begegnung schon genug?

Sarah Wohlfeld von "More in Common" stellte in der Online-Veranstaltung am 22.02. die Studie "Begegnung und Zusammenhalt" vor. Foto: © EAT
Sarah Wohlfeld von "More in Common" stellte in der Online-Veranstaltung am 22.02. die Studie "Begegnung und Zusammenhalt" vor. Foto: © EAT

Wer (politische) Bildungsarbeit macht, kennt das Problem: Zu den eigenen Veranstaltungen kommen oft dieselben Menschen, die sich ohnehin für das Thema interessieren und engagiert sind. Neue Zielgruppen zu erreichen ist schwer. Und wenn dies gelingt, verliert man mit den dafür nötigen neuen Methoden und Veranstaltungsorten schnell das Stammpublikum.

Die Forschungs-NGO More in Common, die zivilgesellschaftliche Akteure mit Forschung und Beratung unterstützt, hat dieses Phänomen in der Studie Begegnung und Zusammenhalt untersucht. Bei einer Online-Veranstaltung der EAT zusammen mit dem Netzwerk für Demokratiebildung Thüringen wurde diese vorgestellt und mit Akteuren aus der Bildungsarbeit diskutiert.

Zentrale Erkenntnis der Studie ist eine Dreiteilung der Gesellschaft: Es gibt die „gesellschaftlichen Stabilisatoren“, die sich viel einbringen und beruflich wie privat Gesellschaft gestalten. Dann gibt es die „gesellschaftlichen Pole“, die sich in die sehr liberalen „Offenen“ und die systemkritischen bis -misstrauischen „Wütenden“ teilen. Und es gibt das „unsichtbare Drittel“. Dazu gehören Menschen, die sich aus Pragmatismus oder Enttäuschung aus dem gesellschaftlichen Diskurs ausgeklinkt haben. Sie interessieren sich wenig für politische Themen und wollen sich gar nicht mit Menschen auseinandersetzen, die eine andere Meinung haben als sie selbst. Veranstaltungen, die Wörter wie Diskussion oder Begegnung im Titel haben, schrecken sie ab. Um dieses „unsichtbare Drittel“ zu erreichen, so Referentin Sarah Wohlfeld, müssen niedrigschwellige Formate her, die Begegnung ohne Kontroversen auf Augenhöhe ermöglichen – am besten beim gemeinsamen Tun, wie Handwerkern oder Gärtnern. Doch genau darin liegt das Dilemma: Denn politische Bildung setzt Perspektivwechsel voraus, die vielfach durch Begegnung möglich werden, allerdings ist Begegnung noch nicht genug, um ihre Bildungsziele zu erreichen.

Zu diesem Dilemma gab es in der Online-Diskussion reichlich Austausch. Letztendlich muss jede:r selbst für die eigene Bildungsarbeit entscheiden, wo die Ziele liegen und ob eventuell Begegnung an sich schon lohnenswert genug ist. Die Studie bietet dazu in jedem Fall eine gute Grundlage.