Neben uns die Sintflut!
Wer ist für Armut und Elend im globalen Süden verantwortlich? Natürlich gibt es keine einfachen Antworten, aber für Prof. Dr. Stephan Lessenich, Soziologe an der Ludwig-Maximilians-Universität München, ist klar, dass es einen untrennbaren Zusammenhang mit dem Reichtum in den Industrieländern gibt. Er legte beim Augustinerdiskurs am 12. April 2018 in Erfurt dar, dass die Gesellschaften des Nordens von den Abhängigkeitsverhältnissen des Südens profitierten. Mit Mitteln der Macht würden ökonomische, ökologische und soziale Lasten systematisch in Entwicklungs- und Schwellenländer verschoben. Die Ungleichheit sei enorm groß – und äußere sich nicht nur beim BIP, sondern auch in den Möglichkeiten zu reisen oder bei der Lebenserwartung. Das sei alles nicht neu – aber wir würden es gern und gekonnt verdrängen. So lange die Sintflut uns nicht erreicht, ist doch alles gut, oder?
Klimaaktivistin Dorothee Häußermann beschrieb ihren Kampf für Klimagerechtigkeit und Kohleausstieg. Sie betonte, dass durch die stärker werdenden Initiativen gegen den Kohleabbau die öffentliche Diskussion und damit auch politische Entscheidungen hinsichtlich des Kohleausstiegs möglich würden. Das konkrete politische Engagement und der persönliche Lebensstil seien die beiden Ansatzpunkte, die Veränderung möglich machten. Annelie Buntenbach, DGB-Bundesvorstand, betonte, dass die Frage internationaler Gerechtigkeit für die Gewerkschaften ein wichtiges Thema wäre und die Interessen der Beschäftigten entlang der globalen Wertschöpfungsketten im Fokus seien. Allerdings müsse die Situation der etwa im Niedriglohnbereich Tätigen dringend verbessert werden – und der Kohleausstieg dürfe nicht auf Kosten der Beschäftigten gehen. Thilo Hoppe, entwicklungspolitischer Beauftragter von Brot für die Welt, wies auf die großen Unterschiede zwischen den Beschlüssen der UN (z.B. die Sustainable Development Goals) und der konkreten Politik hin. Es gelte, die ambitionierten Ziele der Bundesrepublik mit wirkungsvoller praktischer Politik zu unterlegen. Dabei käme es natürlich zu Zielkonflikten: etwa zwischen ökologischen und sozialen Zielen beim Kohleausstieg. Die Herausforderung aber sei, gemeinsam an der Transformation zu arbeiten und dabei die Interessen aller Parteien gleichermaßen zu berücksichtigen.