Evangelische Akademie Thüringen

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Verlorene Zeit, verschwendete Jugend?

Wie geht es jungen Menschen mit den sozialen Bedingungen der Corona-Krise und wie steht es um Jugendbeteiligung in der Pandemie-Zeit? Foto: Gustavo Fring (Pexels)
Wie geht es jungen Menschen mit den sozialen Bedingungen der Corona-Krise und wie steht es um Jugendbeteiligung in der Pandemie-Zeit? Foto: Gustavo Fring (Pexels)

Die Corona-Pandemie und damit verbundene Schutzmaßnahmen und Einschränkungen im öffentlichen Leben begleiten die Menschen nun schon seit über einem Jahr. Wie empfinden Jugendliche und junge Erwachsene diese Zeit? Wie gehen sie mit den Herausforderungen der Krise in Alltag und sozialem Leben um?

„Mir kommt es so vor, als wäre 2020 ein Jahr der Zeitverschwendung, eine Freistunde in der Schule, bei der nichts getan wird außer nur auf den Gong zu warten, sodass die Stunde ‚endlich‚ zu Ende geht. […]“, heißt es etwa im einleitenden Zitat zu den Ergebnissen aus der bundesweiten JuCo-Studie 2 der Universitäten Hildesheim und Frankfurt. Zu dem Gefühl einer „verlorenen Zeit“ kommen wohl auch noch andere Perspektiven junger Menschen, die derzeit vielleicht nicht oder kaum gehört werden: Die Ängste um die eigene Zukunft und ungewisse berufliche Abschlüsse, die Belastung durch eine immer wieder wechselnde Situation in den Schulen, das Gefühl, in der Krise nicht von der Politik wahrgenommen zu werden oder in ihr partizipieren zu können. Kontakte und das soziale Leben von Jugendlichen sind ebenso eingeschränkt wie ihre Möglichkeiten gesellschaftlicher Teilhabe. Wichtige Räume des Begegnens, Aufwachsens, Mitgestaltens und Lernens entfallen.

Im Online-Forum „Verlorene Zeit, verschwendete Jugend?“ am 15. April waren Tätige in der Jugend-, Jugendverbands- und Sozialen Arbeit eingeladen, sich über die Herausforderungen der Corona-Krise für die Jugendpolitik und Jugendbeteiligung in Thüringen auszutauschen. Prof. Dr. Ulrich Lakemann aus dem Projekt „Mitbestimmung von Kindern und Jugendlichen in Thüringer Kommunen“ stellte in seinem Impuls Forschungsergebnisse und Perspektiven auf die Situation und kommunale Beteiligung von jungen Menschen in der Corona-Krise dar. Die Pandemie bedeute demnach gravierende Herausforderungen für Entwicklungsaufgaben im Jugendalter, die sich nicht einfach nachholen ließen. Jeder und jede reagiere dabei differenziert auf diese Herausforderungen, es gebe keine einheitliche „Generation Corona“. Viele junge Menschen verspürten einen Vertrauensverlust in die Politik und das Gefühl, derzeit nicht mit ihren Sorgen und Bedürfnissen gehört zu werden. In der Jugendarbeit seien personelle und finanzielle Ressourcen vielfach unzureichend für die Beteiligung junger Menschen. Auch bedürfe es eines erhöhten Ressourcenaufwands, um ein durch die Corona-Pandemie „heruntergefahrenes System wieder zum Laufen zu bringen“. Herausfordernd und schwierig bleibt dabei, Jugendliche derzeit mit Bildungsangeboten erreichen zu können. Bestehende und gewachsene Kontakte der Jugendarbeit zu motivierten jungen Menschen seien unterbrochen.

An drei digitalen Thementischen tauschten sich die Teilnehmenden anschließend über Ideen und Ansätze für stärkere Jugendbeteiligung, digitale politische Bildung am Beispiel des Projekts JUGEND PRÄGT und Jugendinteressenvertretung gestern, heute und morgen aus. Bei allen Schwierigkeiten, die mit der Pandemie für die Jugendbeteiligung einhergehen, sprachen die Teilnehmenden auch über positive Erfahrungen, die in Zukunft im Blick behalten werden sollten. So führt die Pandemiesituation in vielen Einrichtungen beispielsweise zu einer stärkeren Auseinandersetzung mit Fragen der Digitalisierung und neuer Formate.

Das Online-Forum war eine gemeinsame Veranstaltung der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen, des Landesjugendrings Thüringen e.V., der Evangelischen Akademie und Jugendbildungsstätte Junker Jörg und wurde vom Bund der Evangelischen Jugend in Mitteldeutschland unterstützt.