Evangelische Akademie Thüringen

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Zwischen Romantik und Realität – das deutsche Pfarrhaus

Gustav Spangenbergs Gemälde "Luther im Kreise seiner Familie musizierend", 1875. (no©/Public Domain)
Gustav Spangenbergs Gemälde "Luther im Kreise seiner Familie musizierend", 1875. (no©/Public Domain)

„Leben nach Luther“, so heißt der doppelsinnige Titel der Pfarrhaus-Ausstellung, die noch bis zum 4. November in den Franckeschen Stiftungen Halle gezeigt wird.
„Was ist aus dem deutschen Pfarrhaus geworden?“ Diese Frage diskutierten am 23. Oktober Pfarrerin Simone Carstens-Kant (Marktkirche Halle), Dr. Sebastian Kranich (Evangelische Akademie Thüringen) und Stiftungspfarrer Friedrich Wegner auf einem von Sven Hanson (Mitteldeutsches Bibelwerk) moderierten Ausstellungsabend.
Dabei wurde zunächst deutlich: Das Pfarrhaus hat 500 Jahre lang deutsche Kulturgeschichte geprägt, als Träger von Frömmigkeits- und Familienidealen, als Hort von Wissenschaft, Musik und Literatur, als Ort von Seelsorge und nicht zuletzt als Schutzraum in der DDR. Der Dichter Reiner Kunze dichtete 1968: „Wer da bedrängt ist findet mauern, ein dach und muss nicht beten.“

Die Podiumsteilnehmer erinnerten das Pfarrhaus ihrer Kindheit in der DDR als „Insel“. Ein Pfarrerskind wuchs anders auf als andere Kinder und bekam anderes mit, im Guten wie im Schlechten. Zugleich war das Leben draußen in der Schule schwierig, gab es immer hier wieder Diskriminierungen bis hin zu Bildungsverboten.

Was die Gegenwart angeht, waren sich die Diskutanten weithin darin einig: Das Pfarrhaus, so wie wir es kennen, ist Geschichte. Der Wandel der Lebens- und Kommunikationsformen macht vor ihm nicht Halt und die Aufgabe und Umnutzung vieler Pfarrhäuser auch in der EKM bedeutet: Die Pfarrerin und der Pfarrer wohnen oft nicht mehr vor Ort, selbst bei einer Residenzpflicht im Pfarrbereich.
Die Zukunft des Pfarrhauses wollte keiner der Gesprächspartner vorhersagen. Denn die Sozialformen des Christlichen wandeln sich. Manche sind bereits Vergangenheit. Andere werden wiederholt transformiert. Und wer als Zeitgenosse historisch informiert ist, der weiß: Die Zukunft ist offen.