Evangelische Akademie Thüringen

Veranstaltungen 2005

07. – 09. Oktober 2005

Friedrich Nietzsche – Der Denker am Rande des Abgrunds

Philosophieseminar für Jugendliche

„Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchen niemand gehen kann außer dir: wohin er führt? Frage nicht, gehe ihn!”

Nietzscheführte sein einsamer Weg in den Wahnsinn. In einer Einführung inNietzsches Denken wollen wir wichtige Grundideen und philosophischeHaltungen des umstrittenen Künstler-Philosophen kennen lernen und aufihre persönlichen und politischen Konsequenzen hin diskutieren.

Vorallem wird uns seine kulturkritische Analyse der modernen Gesellschaftinteressieren sowie seine Überlegungen zu einem freien Leben in einerZeit, die grundlegend gekennzeichnet ist durch Nietzsches berühmteFormel „Gott ist tot”.

Seine Analysen können viel zu einemVerständnis der heutigen Krise der individualistischen Kon-sumgesellschaft beitragen, deren Grundprobleme er wie keiner sonst über100 Jahre vorausahnte.

Ausgangspunkt wird Nietzsches dritte„Unzeit-gemäße Betrachtung: Schopenhauer als Erzieher” sein, ein Text,in dem viele seiner zentralen Themen versammelt sind. Dies wird ergänztdurch Ausflüge in andere Schriften, von „Menschliches -Allzumenschliches” über „Also sprach Zarathustra” bis zum „Ecce homo”.

Wirwerden Textausschnitte lesen, gemeinsam diskutieren und mit ihnenunsere eigenen Erfahrungen und Gedanken zu klären suchen. Die Kenntnisdes Nietzsche-Textes wird nicht vorausgesetzt, kann aber keineswegsschaden.

Wir bieten kein durchgestyltes Programm und keinelangen Referate. Schwerpunkt des Seminars sind die Fragen, die Ihrmitbringt; Gespräche und kurze Texte, über die wir miteinander reden.

Seminarleitung

Dorothea Höck, Evangelische Akademie Thüringen
Carsten Passin, philoSOPHIA e. V.
Toralf Milde, Politikwissenschaftler

„DerMensch, welcher nicht zur Masse gehören will, braucht nur aufzuhören,gegen sich bequem zu sein; er folge seinem Gewissen, welches ihmzuruft: ‚sei du selbst! Das bist du alles nicht, was du jetzt tust,meinst, begehrst. …

Aber wie finden wir uns selbst wieder? Wiekann sich der Mensch kennen? Er ist eine dunkle und verhüllte Sache;und wenn der Hase sieben Häute hat, so kann der Mensch sich sieben malsiebzig abziehen und wird doch nicht sagen können: ‚das bist du nunwirklich, das ist nicht mehr Schale.’ Zudem ist es ein quälerischesgefährliches Beginnen, sich selbst derartig anzugraben und in denSchacht seines Wesens auf dem nächsten Wege gewaltsam hinabzusteigen….

Umaber das wichtigste Verhör zu veranstalten, gibt es dieses Mittel: diejunge Seele sehe auf das Leben zurück mit der Frage: was hast du bisjetzt wahrhaft geliebt, was hat deine Seele hinangezogen, was hat siebeherrscht und zugleich beglückt?”

„Wir haben uns über unserDasein vor uns selbst zu verantworten; folglich wollen wir auch diewirklichen Steuermänner dieses Daseins abgeben und nicht zulassen, dassunsre Existenz einer gedankenlosen Zufälligkeit gleicht …. Orient undOkzident sind Kreidestriche, die uns jemand vor unsre Augen hinmalt, umunsere Furchtsamkeit zu narren.

Ich will den Versuch machen, zurFreiheit zu kommen, sagt sich die junge Seele; und da sollte es siehindern, dass zufällig zwei Nationen sich hassen und bekriegen, oderdass ein Meer zwischen zwei Erdteilen liegt … ?

Niemand kanndir die Brücke bauen, auf der du gerade über den Fluss des Lebensschreiten musst, niemand außer dir allein. Zwar gibt es zahllose Pfadeund Brücken und Halbgötter, die dich durch den Fluss tragen wollen;aber nur um den Preis deiner selbst: du würdest dich verpfänden undverlieren. Es gibt in der Welt einen einzigen Weg, auf welchem niemandgehen kann, außer dir: wohin er führt? Frage nicht, gehe ihn.”

Friedrich Nietzsche

Programm

Das Seminar beginnt Freitag um 18.00 Uhr mit dem Abendessen und endet Sonntag um 12.30 Uhr mit dem Mittagessen.

Tagungsleitung

  • Dorothea Höck