Evangelische Akademie Thüringen

Veranstaltungen 2005

16. – 18. Dezember 2005

Hütten bei Pößneck

Zwei platonische Dialoge über die Liebe: Symposion und Phaidros

Vergegenwärtigung eines Klassikers - Ein Seminar mit Gerd B. Achenbach

Das „Symposion“, Platons Meister-Dialog, ist subtil und hintergründig aufgebaut. Dabei folgt alles den Gesetzen einer klugen Komposition:Athens berühmteste Philosophen sind aufgefordert, im Rahmen einesFestgelages Reden auf Eros und Liebe zu halten.

Wohl das berühmteste Stück ist der Jux, den sich Platon mit dem Mythosdes Aristophanes vom Kugelmenschen macht. Wir freuen uns darauf, ihn zuaktualisieren: Eros als „träumerische Regression”.

Der Priesterin Diotima legt Platon den schönsten Mythos vom Ursprungdes Eros in den Mund: Der Gott der Liebe wird als Kind von Poros(Reichtum) und Penia (Armut) an jenem Tag gezeugt, da AphroditesAnkunft in der Welt gefeiert wird.

Unser Referent, Dr. Gerd B. Achenbach, wird diesen Klassiker derPhilosophie ausführlich interpretieren und gründlich verständlichmachen. Endlich einmal nicht über die „dunklen Stellen” hinwegspringen,sondern einen Text ganz und gar durchdringen und aneignen! Einmal ineinem Text vollständig zuhause sein, so wie man das eigene Heim „in undauswendig” kennt, das ist die Devise.

Außerdem wird uns des Phaidros Hoch auf den Eros beschäftigen – die Liebe als göttlicher Wahn.

Auch Spätwirkungen der Dialoge werden wir vorstellen – wer weiß schon,dass z.B. der Dichter Christoph Martin Wieland im 18. Jahrhundert mitseinem Brief-Roman „Aristipp” eine Art „Neufassung” des Symposiumsgeschrieben hat?
Wir möchten also nicht nur einen klassischen Text interpretieren. Wirwerden im philosophischen Gespräch die jeweiligen Linien bis in dieGegenwart verlängern

Also: Ein umfangreiches und ehrgeiziges Programm, das spannend und ein philosophisches Abenteuer werden soll.

Aus dem Mythos des Aristophanes vom Kugelmenschen:

„Ferner war damals die ganzeGestaltung des Menschen rund, indem Rücken und Seiten im Kreiseherumliefen, und ein jeder hatte vier Hände und ebensoviele Füße undzwei einander durchaus ähnliche Gesichter … man ging aber nicht nuraufrecht wiejetzt,sondern, wenn man recht schnell fortzukommenbeabsichtigte, dann bewegte man sich, wie die Radschlagenden … schnell im Kreise fort. …

Sie waren daher auch von gewaltiger Kraft und Stärke und gingen mit hohen Gedanken um …

Zeus nun und die übrigen Götterhielten Rat, was sie mit ihnen anfangen sollten. … Endlich nachlanger Überlegung sprach Zeus: ‚Ich glaube ein Mittel gefunden zuhaben, wie die Menschen erhalten bleiben können und doch ihrem ÜbermutEinhalt geschieht …. Ich will nämlich jetzt jeden von ihnen in zweiHälften zerschneiden, und so werden sie zugleich schwächer und unsnützlicher werden, weil dadurch ihre Zahl vergrössert wird.’ …

Nachdem er das gesagt, schnitt er dieMenschen entzwei, wie wenn man Beeren zerschneidet, um sieeinzumachen…. Als nun so ihr Körper in zwei Teile zerschnitten war,da trat jede Hälfte mit sehnsüchtigem Verlangen an ihre anderer Hälfteheran, und sie schlangen die Arme um einander und hielten sich umfasst,voller Begierde, wieder zusammenzuwachsen, und so starben sie vorHunger und Vernachlässigung.

Da erbarmte sich Zeus und erfandeinen andern Ausweg, indem er ihnen die Geschlechtsglieder nach vorneversetzte, … zu dem Zwecke, dass, wenn dabei ein Mann auf ein Weibträfe, sie in der Umarmung zugleich erzeugten und so die Gattungfortgepflanzt würde.

Seit so langer Zeit ist demnach dieLiebe zu einander den Menschen eingeboren und sucht die alte Naturzurückzuführen und aus zweien eins zu machen. Daher sucht denn jederbeständig seine andere Hälfte.“

Programm

Beginn: 18:00 Uhr mit dem Abendessen
Ende: 12:30 Uhr mit dem Mittagessen

Unser Referent Dr. Gerd B. Achenbach gründete 1981 die weltweit erste Philosophische Praxis.

In den letzten Jahren entwickelte er, anknüpfend an über 2500 Jahre Philosophiegeschichte, ein Konzept zur philosophischen Lebenskönnerschaft.

Im nächsten Buch unseres Referenten über die Liebe wird wird der Dialog Platons über den Eros eine herausragende Rolle spielen.

Tagungsleitung

  • Dorothea Höck