Evangelische Akademie Thüringen

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Anarchie beim Militär – das Ende der Bausoldaten

  • Debatte um Frieden heute: Renke Brahms, Sebastian Kranich, Michael Haspel (v.l.n.r.). Foto: © Berndt Püschel
    Debatte um Frieden heute: Renke Brahms, Sebastian Kranich, Michael Haspel (v.l.n.r.). Foto: © Berndt Püschel
  • Erzählcafé - Die letzten Tage der Bausoldaten. Foto: © Berndt Püschel
    Erzählcafé - Die letzten Tage der Bausoldaten. Foto: © Berndt Püschel
  • Stephan Krawczyk im Konzert. Foto: © Berndt Püschel
    Stephan Krawczyk im Konzert. Foto: © Berndt Püschel

Unglaubliche Geschichten waren zu hören bei der Bausoldatentagung vom 4. – 6. Oktober. Die Evangelischen Akademien auf dem Gebiet der EKM hatten nach Wittenberg eingeladen, unter der Überschrift „Die letzten Tage der Bausoldaten und die Friedliche Revolution.“

Drunter und drüber ging es im Herbst und Winter 1989/90. Dienende Waffendienstverweigerer in der NVA verfassten und veröffentlichten Briefe und Erklärungen, verweigerten Befehle, demonstrierten, traten in Warnstreik, wurden Hals über Kopf entlassen, gingen in Krankenhäuser sowie Pflegeeinrichtungen und erkämpften auf diese Weise mit, was Bausoldaten von Anbeginn gefordert hatten: einen echten zivilen Dienst außerhalb des Militärs. Gediente Bausoldaten erarbeiteten zeitgleich das liberale DDR-Zivildienstgesetz mit, das am 1. März 1990 in Kraft trat und bauten anschließend die Zivildienstverwaltung mit auf.

Was da alles zu Sprache kam, ist noch längst nicht erforscht, so das Fazit von Dr. Thomas Widera, TU Dresden, der das Eingangsreferat der Tagung hielt. Der Anteil der Bausoldaten an der Friedlichen Revolution sei unbestritten. Um ihn aber qualifizieren und quantifizieren zu können, müssten die Netzwerke der Bausoldaten innerhalb und außerhalb der Armee untersucht werden. Diese Erkenntnis war die wohl historisch wichtigste der Tagung.

Zugleich war die Tagung ganz aktuell ausgerichtet. An die 70 ehemalige Bausoldaten und weitere Tagungsteilnehmende debattierten friedenspolitische und friedensethische Themen der Gegenwart. Im Ergebnis wurde eine Wittenberger Erklärung zur EKD-Friedenssynode über den Missbrauch von Geschichte, neue atomare Bedrohungen und die Förderung gewaltfreier Konfliktbearbeitung verabschiedet, die zeitnah veröffentlicht wird.

Weitere Eindrücke finden Sie im TV-Bericht des RBW vom 7. Oktober 2019.