Evangelische Akademie Thüringen

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DDR-Projektwoche im Junker Jörg

  • Viel Interaktion beim Spiel "Allersleben", in dem mit Hilfe von Karten Lebensgeschichten von Jugendlichen in den 1980er Jahren in der DDR erzählt werden. Foto: © Schreiter/EAT
    Viel Interaktion beim Spiel "Allersleben", in dem mit Hilfe von Karten Lebensgeschichten von Jugendlichen in den 1980er Jahren in der DDR erzählt werden. Foto: © Schreiter/EAT
  • Zeitzeuge Berthold Dücker berichtete vom Aufwachsen in der Diktatur, von der Erkenntnis, dass er so nicht leben möchte, von seiner Flucht in den Westen, vom Ankommen und Durchschlagen alleine in einem fremden Land. Foto: © Schreiter/EAT
    Zeitzeuge Berthold Dücker berichtete vom Aufwachsen in der Diktatur, von der Erkenntnis, dass er so nicht leben möchte, von seiner Flucht in den Westen, vom Ankommen und Durchschlagen alleine in einem fremden Land. Foto: © Schreiter/EAT
  • Bei einer Stadtführung lernte die Gruppe Eisenach besser kennen - zum Beispiel einen Flüsterbogen - und hörte, wie es war, dort zu DDR-Zeiten jung zu sein. Foto: © Justus Müller
    Bei einer Stadtführung lernte die Gruppe Eisenach besser kennen - zum Beispiel einen Flüsterbogen - und hörte, wie es war, dort zu DDR-Zeiten jung zu sein. Foto: © Justus Müller
  • Game based learning war nicht nur beim Spiel "Allersleben" angesagt, sondern auch an vielen anderen Stellen - z.B. in einem Quiz zum Überblick zur DDR-Geschichte. Foto: © Schreiter/EAT
    Game based learning war nicht nur beim Spiel "Allersleben" angesagt, sondern auch an vielen anderen Stellen - z.B. in einem Quiz zum Überblick zur DDR-Geschichte. Foto: © Schreiter/EAT

In der vergangenen Woche kamen 19 Schülerinnen und Schüler des Evangelischen Ratsgymnasiums Erfurt in die Jugendbildungsstätte Junker Jörg und beschäftigten sich mit der Frage: Wie war es, in der DDR aufzuwachsen? In einer Stadtführung, in einem Zeitzeugengespräch, beim Filmabend und mit dem Spiel „Allersleben“ näherten sich die Jugendlichen dieser Frage an und entdeckten dabei vielfältige (Lebens-)Geschichten.

Es ist 1986 in Thüringen. Peggy ist 13 und geht in die 8. Klasse der Polytechnischen Oberschule in Allersleben. In ihrer Freizeit engagiert sie sich in der Freien Deutschen Jugend (FDJ) und plant Veranstaltungen für ihre Jugendfreunde. Sie wird von den Lehrern häufig für ihren Einsatz gelobt. Doch dann, als die Wahl zum FDJ-Sekretär der Klasse ansteht, bekommt nicht sie den Posten, sondern Torsten – der Faulpelz. Nur, weil seine Eltern in der Partei sind.

Dirk ist in Peggys Klasse. Er interessiert sich nicht für die Wahl zum FDJ-Sekretär und insgesamt für die Schule nur so viel wie unbedingt nötig. Dirk konzentriert sich ganz auf seinen Sport: Schwimmen. Er träumt von Olympia oder zumindest dem Sportgymnasium. Als Gerüchte um Doping und seinen Trainer aufkommen, ist er sich sicher, das durch ein offenes Gespräch aus der Welt schaffen zu können. Aber sein Trainer wird furchtbar wütend und auf einmal ist Dirk beim Training ständig außen vor. Irgendwann reicht es ihm und er plant beim Sommerlager zu fliehen. Er will über die Ostsee in den Westen schwimmen. Andere sollen es schon geschafft haben…

Wieder anders ergeht es der Klassenkameradin Jenny, die Schlagzeugerin in einer Bluesband ist. An sich total super! Aber in der Band gibt es ständig Streit darum, ob sie auf Englisch singen sollen, wie ihre großen Idole aus den USA, oder lieber auf Deutsch, weil das weniger Ärger gibt und so auch mal ein Auftritt bei einem Schulfest drin wäre. Der Dauerkrach belastet die Freundschaft und sorgt auch nicht gerade für musikalische Höhenflüge.

Peggy, Dirk und Jenny hat es so nie gegeben, aber im Spiel Allersleben entwickeln die Schülerinnen und Schüler ihre Geschichten, wie sie hätten sein können in den 1980ern in der DDR. Dabei zeigt sich, wie unterschiedlich Menschen das Leben in der DDR empfinden und wie weit die Diktatur in die Lebensentwürfe und den Alltag eingreift und das Leben prägt. Gleichzeitig erspielen sich die Jugendlichen aber auch Freiräume und werden kreativ, um dennoch ihren Träumen und Ideen nachzugehen.

In Ergänzung zum Spiel führten die Jugendlichen ein Gespräch mit Berthold Dücker , ehemaliger Chefredakteur der Südthüringer Zeitung. Als 16-Jähriger floh er aus der DDR. „Das ist meine geliebte Heimat, aber nicht mein Land“, fasste er im Gespräch seine Motivation zusammen, die Gefahr auf sich zu nehmen. Seine emotionale und bildreiche Beschreibung beeindruckte die Jugendlichen zutiefst. Eindringlich auch Dückers Apell zum Abschluss: „Demokratie ist kein Naturgesetz!“ Es sei oft anstrengend und manchmal sogar gefährlich für die eigenen Überzeugungen einzustehen und dennoch sei es nötig, die Demokratie und die individuelle Freiheit durch Engagement zu bewahren.