Evangelische Akademie Thüringen

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Der Eisenacher Weg – von Kirche bis Autobau

Blick auf die Wartburg von der Automobile Welt Eisenach
Blick auf die Wartburg von der Automobile Welt Eisenach

Mit „Der ‚Eisenacher Weg‚ – Kirche, Staat und Stadt“ war das erste Panel zum „Forum zu Zeitgeschichte und Zukunftsperspektiven – Industrie. Geschichte. Engagement.“ am 25. März überschrieben. Moderiert von Akademiedirektor Dr. Sebastian Kranich diskutierten im Museum Automobile Welt Eisenach der Historiker Michael Weise (Lutherhaus Eisenach), die Schriftstellerin und Zeitzeugin Margot Friedrich (Erfurt) sowie der Theologe und ehemalige Eisenacher Kreis– und Landesjugendpfarrer Christhard Wagner (Erfurt) über den Weg der Ev.-Luth. Landeskirche Thüringen in der DDR.

Michael Weise spannte in seinem Impulsvortrag zunächst den Bogen von der „milden Entnazifizierung“ über die Ära Moritz Mitzenheim bis zur Friedlichen Revolution, nicht ohne einen besonderen Akzent auf die Lutherrezeption in der DDR zu setzen. Christhard Wagner und Margot Friedrich, in den 1980er Jahren aktiv bei „Frauen für den Frieden“ und 1989 Mitbegründerin des Demokratischen Aufbruchs, vertieften als Zeitzeugen das Gehörte durch persönliche Erinnerungen sowie teils unterschiedliche Einschätzungen zur Rolle der Kirche in der Friedlichen Revolution.

Sichtbar wurde dabei, was Prof. Dr. Jörg Ganzenmüller, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Ettersberg, eingangs bemerkte: Der Blick auf die Geschichte und die damit verbundene Suche nach Identität darf nicht einseitig werden. Vielmehr müssen dabei unterschiedliche Facetten berücksichtigt werden.

An den drei evangelischen Thüringer Bischöfen wurde das exemplarisch deutlich: Moritz Mitzenheim setzte sich für eine Selbstbehauptung als Volkskirche ein, überließ dem Staat aber das Feld der Politik weithin. Ingo Braecklein war Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi, beendete aber den ‚roten‚ Sonderweg der Thüringer Kirche gegenüber dem Staat. Werner Leich hielt Distanz gegenüber dem Staat, war aber auch gegenüber dem Engagement oppositioneller Gruppen skeptisch. Christhard Wagner erinnerte sich: Wenn Leich mit dem „Eigentlichen“ angefangen habe, hätten sie „immer schon die Krätze“ gekriegt. Sprich: Wenn Leich theologisch das kritische politische Engagement herabsetzte.
Der Eisenacher Weg: So hätte auch das ganze Forum überschrieben sein können, bei dem es, wie Prof. Ganzenmüller anfangs sagte, um den „produktiven Umgang mit Hinterlassenschaften der DDR“ gehen sollte. Als solche lässt sich gerade der Automobilbau begreifen, da in Eisenach das bessere DDR-Auto produziert wurde: der Wartburg. Auf dem Panel „Wartburg, Opel, PSA, Stellantis – Transformationen einer Industriestadt“ wurde mithin das hohe Maß an lokaler Identifikation mit dem Autobauen deutlich. In nahezu religiöser Sprache wurde geäußert, es gäbe „etwas Mystisches zwischen den Eisenachern und dem Werk“ und für die Wandlungen des Standorts wurde der Terminus „ewige Transformation“ geprägt.

An jenes Panel schloss sich eines zu „Friedliche Revolution und Zivilgesellschaft: Bürgerengagement in Eisenach“ an, bevor schließlich gefragt wurde: „Zentrum am Rand oder kraftvolle Provinz: Wo liegt Eisenachs Zukunft?“