Evangelische Akademie Thüringen

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Forumtheater und politische Bildung: Realität ist veränderbar

  • Redaktionssitzung bei der "Saale Welle" und der Chef redet nur mit dem einzigen anderen Mann im Raum - eine Szene beim Forumtheater-Workshop. Foto: © EAT/Schreiter
    Redaktionssitzung bei der "Saale Welle" und der Chef redet nur mit dem einzigen anderen Mann im Raum - eine Szene beim Forumtheater-Workshop. Foto: © EAT/Schreiter
  • Till Baumann (rechts) beim Auswertungsgespräch im Garten des Konrad-Martin-Hauses in Bad Kösen. Foto: ©  EAT/Schreiter
    Till Baumann (rechts) beim Auswertungsgespräch im Garten des Konrad-Martin-Hauses in Bad Kösen. Foto: © EAT/Schreiter

Erste Szene: In der Redaktion des (fiktiven) Radiosenders „Saale Welle“ wird das Programm zum „Girls Day“ geplant. Der Chef kommt dazu, ignoriert routiniert die Redakteurinnen und fragt den einzigen anderen Mann im Raum: „Na, Holger, was habt ihr denn?“ Holger präsentiert genauso routiniert die Ideen seiner Kolleginnen, die nicht dazwischenkommen.

Zweite Szene: Martha hat große Neuigkeiten in der Teambesprechung. Sie ist schwanger. Nach den Glückwünschen kommen die Erwartungen und Ratschläge: „Wie lange bleibst du weg? Wenn du es heute noch nicht weißt, kannst du es uns ja nächste Woche sagen.“ – „Zwei Jahre bleibst du aber schon zuhause. Die Zeit kommt nie wieder!“ – „Wir müssen aber trotzdem den Jahresabschluss schaffen. Wie hattest du dir das gedacht?“ … Marthas Mann indes erzählt abends nur von knallenden Sektkorken und Glückwünschen.

Die beiden Theaterszenen entstanden im Einführungs-Workshop „Forumtheater und politische Bildung“, der Ende März bereits zum vierten Mal in Zusammenarbeit mit dem Berliner Theaterpädagogen Till Baumann angeboten wurde – dieses Mal in Bad Kösen. Forumtheater ist eine Methode des „Theaters der Unterdrückten“ des brasilianischen Theatermachers Augusto Boal. Darin werden Szenen erlebter Unterdrückung oder Diskriminierung erarbeitet und auf die Bühne gebracht. Es geht nicht nur darum, diese Erlebnisse sicht- und besprechbar zu machen, sondern Darstellende wie Zuschauende zu befähigen und zu bestärken etwas zu verändern. Denn auf die Aufführung folgt das sogenannte Forum, bei dem Menschen aus dem Publikum eingeladen werden, in die Szene auf der Bühne einzugreifen und sie zu verbessern – durch Vorschläge oder auch durch eigenes Ausprobieren.

Wie ist es, wenn die Redakteurinnen in der Konferenz gemeinsam aufstehen und laut benennen, dass sie gerade übergangen werden? Was ändert sich, wenn in der Teamsitzung eine Kollegin Martha zur Seite springt und deutlich auf die rechtliche Lage zur Elternzeit hinweist? Was passiert, wenn …

„Wichtig beim Forumtheater ist die transformierende Haltung“, erklärte Till Baumann im Workshop. Realität lässt sich verändern und es gibt immer mehrere Möglichkeiten dazu. Damit eignet sich Forumtheater als Methode zum Empowerment und für die kritische Hinterfragung diskriminierender Strukturen.

Der Workshop war eine Kooperation mit der Landeszentrale für politische Bildung Thüringen.