Evangelische Akademie Thüringen

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Jeder Mensch kann ein "Buch" sein...

Für die Organisation von "Lebendigen Bibliotheken" gibt es bereits hilfreiche Materialien. Foto: (c) Zubarik/EAT
Für die Organisation von "Lebendigen Bibliotheken" gibt es bereits hilfreiche Materialien. Foto: (c) Zubarik/EAT

Wenn man die Worte „lebendige Bibliothek“ hört, mag man zunächst an eine gut gefüllte Bücherei denken, in der sich kleine und große Menschen vor Regalen tummeln, um ihre nächste Lektüre auszuwählen. Für Personen aus dem Kontext der Jugend- und Erwachsenenbildung kann die Bezeichnung aber auch ein Veranstaltungsformat bedeuten. Die „Lebendige Bibliothek“ wurde von Referent:innen des Anne Frank Zentrums als Methode entwickelt, um Menschen über ihre Lebensgeschichten in Dialog zu bringen, die sich sonst wahrscheinlich nicht begegnen.

Die Idee dahinter ist, dass Personen, die sich bereit erklären, passend zu einem thematischen Kontext aus ihrer eigenen Geschichte ein „Kapitel“ zu erzählen, eingeladen und in einem Workshop vor der eigentlichen Veranstaltung auf diese Aufgabe vorbereitet werden. Sie können dann während der Veranstaltungsdauer wie ein Buch von interessierten „Leser:innen“ ausgeliehen werden. Dafür gibt es einen „Bibliothekskatalog“, in dem vermerkt ist, welchen Titel das „Buch“ hat und ob es gerade verfügbar oder ausgeliehen ist. Ein kurzer „Klappentext“ verrät mehr über den Inhalt.

Natürlich gibt es auch Regeln, z.B. ist die Lesedauer festgelegt (etwa 20 bis 30 Minuten) und die „Bücher“ entscheiden selbst, was sie in ihre Erzählung einbauen wollen und was nicht. Anders als in einer klassischen Bibliothek können sie allerdings befragt werden von ihrem Publikum und auch selbst an dieses Fragen richten. So kommen Teilnehmende mit vielleicht sehr verschiedenen Hintergründen ins Gespräch, oder sie stellen fest, dass sie ähnliche Erfahrungen teilen.

Seit 2016 wurden „Lebendige Bibliotheken“ auf zahlreichen Veranstaltungen und mit unterschiedlichsten Personenkonstellationen erprobt und haben sich als erfolgreiches Konzept bewährt. Ein Handbuch und weitere Materialien sind entstanden, um anderen Interessierten die Idee nahezubringen.

Damit auch die praktische Umsetzung klappt, fand vom 19. bis 20. Oktober in Berlin eine Praxisfortbildung statt, bei der 12 Teilnehmende aus ganz Deutschland und den Nachbarländern selbst ausprobieren konnten, wie es funktioniert. Sie erfuhren, was dabei vorbereitet und beachtet werden sollte und konnten ihre Fragen an das dreiköpfige Team vom Anne Frank Zentrum stellen.

Von der Evangelischen Akademie Thüringen war Studienleiterin Dr. Sabine Zubarik mit dabei. In der Arbeit mit Zeitzeug:innen, aber auch im Kontext der Gesprächsformate zum Thema Ländliche Räume und Ost-West-Biographien könnte das Format künftig eine Rolle spielen.