Evangelische Akademie Thüringen

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Mut zum Kreuz (Online-Aktion "Kreuze" nr 5)

Kreuz 4 (34x85) © Andrea Terstappen
Kreuz 4 (34x85) © Andrea Terstappen

Der Pfarrer und Poet Kurt Marti konstatierte: „Das Kreuz ist nicht Sinnbild einer Allerweltsideologie der Mitte, es ist ein Galgen, bestimmt für Abweichler und Aufrührer, für Staatsfeinde und Gotteslästerer.“

Deshalb bedarf es mitunter „Mut zum Kreuz“, so der Titel einer Ausstellung, die vor zwei Jahren in Heiligenstadt zu sehen war. Erzählt wird darin auch die Geschichte des Bausoldaten Martin Wiesler aus Erfurt, wie die Thüringer Allgemeine berichtete:

Der NVA-Waffendienstverweigerer gestaltete 1985 einen Osternacht-Gottesdienst, den er heimlich mit anderen Soldaten abhielt – mit dem Kreuz im Mittelpunkt. Daraufhin wurde ihm Haft angedroht. Dem Stasioffizier gegenüber äußerte Wiesler: „Ich informiere meinen Chef über den Vorfall und die Drohungen mir gegenüber.“ Der Vorgesetzte wurde wütend und fragte, wer denn sein Chef sei. „Der Bischof von Erfurt“, so die Antwort Wieslers. Von da an habe der Bausoldat nie wieder etwas von der Sache gehört.

Selbst Bausoldat gewesen, kann ich sagen: Mut war vonnöten, um den Konflikt mit Vorgesetzten zu wagen. Galten Bausoldaten für die Stasi doch per se als „Staatsfeinde in Uniform“. Worte wie Nachfolge, das Kreuz auf sich nehmen, das Kreuz tragen, mit Jesus, dem Schmerzensmann, leiden, sind recht groß.

Ja, und bisweilen konnte es schon komisch werden: „Ich bin ein Märtyrer / ich leide / in meinem Bausoldatenkleide“ – der beißende Spruch von Holger Richter, Bausoldat in Sassnitz, notiert in seinem „Güllenbuch“, bringt das auf den Punkt.

Und doch: In meinen Briefen aus der Kaserne erinnere ich wiederholt ein Wort von Kurt Marti. Nein, nicht das Wort vom Kreuz als Galgen. In der Empörung ist es ein anderes. Am 23. Februar 1989 schrieb ich aus Merseburg: „Diese, dem widerlich süßen, verlockenden Geschmack der Macht erlegenen Menschen, haben nicht bis ins Letzte hinein das ‚alles Bestimmen‚ gepachtet. Da fällt mir wieder der Spruch des Schweizer Schriftstellers und Theologen Kurt Marti ein: Sei wie die Rose – bleib standhaft – zeige Dornen – beuge dich nur: der Liebe.“ Tags darauf heißt es als P. S.: „Hab heute Ausgang gekriegt. Werd mit Andreas in den Dom, zur Kreuzwegstation gehen.“

(Text: Sebastian Kranich)