Evangelische Akademie Thüringen

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Reförmchen oder großer Wurf? Wie die solidarische Zukunftssicherung aussehen wird

  • Beim Forum 2021 des Ev. Verbands Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt diskutieren u.a. Prof. Marcel Fratzscher (DIW), die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Dr. Steffen Merle (EKD) über solidarische Zukunftssicherung. Screenshot: ©Lemme/EAT
    Beim Forum 2021 des Ev. Verbands Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt diskutieren u.a. Prof. Marcel Fratzscher (DIW), die frühere Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und Dr. Steffen Merle (EKD) über solidarische Zukunftssicherung. Screenshot: ©Lemme/EAT
  • Mehr als 70 Tagungsgäste beteiligen sich aktiv an den Diskussionen in Arbeitsgruppen und Plenum. Screenshot: ©Lemme/EAT
    Mehr als 70 Tagungsgäste beteiligen sich aktiv an den Diskussionen in Arbeitsgruppen und Plenum. Screenshot: ©Lemme/EAT

Das diesjährige Forum des Evangelischen Verbands Kirche-Wirtschaft-Arbeitswelt (KWA) ist mit dem Wort „Einer trage des Anderen Last…“ aus dem Galaterbrief (6, 2) überschrieben. Rund 70 Tagungsgäste sind dem Aufruf gefolgt und diskutieren engagiert über die Herausforderungen einer solidarischen Zukunftssicherung: Sind die derzeitigen Sozialversicherungssysteme noch zeitgemäß? Wie sollen die Jobcenter der Zukunft aussehen? Welche Konzepte braucht es für bezahlbaren Wohnraum?

Prof. Traugott Jähnichen erläutert, dass aus Perspektive der evangelischen Sozialethik die „großen Risiken“ gesellschaftlich abgesichert sein müssen, so wie es in Deutschland seit rund 150 Jahren der Fall ist. Um den bevorstehenden demographischen und wirtschaftlichen Herausforderungen zu begegnen, reichten kleine Veränderungen jedoch nicht mehr: „Wir brauchen deutlich größere Reformschritte. Und das ist eine Frage des Mutes.“

Folgerichtig möchte die frühere Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) die Trennung von gesetzlicher und privater Versicherung überwinden. Sie betont, „dass es Zeit ist, dass wir endlich eine Bürgerversicherung einführen.“ Und Prof. Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung begründet, dass tragfähige Sozialsysteme ein Win-Win für alle seien, denn Gesellschaften, die hochsolidarisch sind, könnten Krisen auf allen Ebenen deutlich besser bewältigen – auch ökonomisch.

Was heißt das nun konkret? In einer Arbeitsgruppe mit dem Sozialpolitiker Markus Kurth (Bündnis 90/Die Grünen), die Studienleiter Holger Lemme moderiert, wird die Weiterentwicklung der Sozialversicherung gefordert. Die Lasten müssten solidarischer verteilt werden (z.B. durch eine Bürgerversicherung, Erhöhung der Beitragsbemessungsgrenze, Einbeziehung von Kapitaleinkommen), um steigende Gesundheits- und Pflegekosten, aber auch auskömmliche Renten zahlen zu können. Bei einem „großen Wurf“ wie etwa dem Bedingungslosen Grundeinkommen ist Kurth allerdings skeptisch. Hier müssten Risiken und Nebenwirkungen sehr genau geprüft werden, damit sie nicht kontraproduktiv wirkten.

Videoaufzeichnnungen des KWA-Forums 2021 finden Sie auf Youtube.