Evangelische Akademie Thüringen

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Schöner Herbst im Schillerhaus Rudolstadt

  • Gelesen wurde im Lichthof des Schillerhauses. Foto: (c) Kranich/EAT
    Gelesen wurde im Lichthof des Schillerhauses. Foto: (c) Kranich/EAT
  • Gartentor zum Schillerhaus. Foto: (c) Kranich/EAT
    Gartentor zum Schillerhaus. Foto: (c) Kranich/EAT
  • Schillerbüste im Garten. Foto: (c) Kranich/EAT
    Schillerbüste im Garten. Foto: (c) Kranich/EAT

Eins gleich vorweg: Um Schiller ging es nicht am 21. Oktober im Schillerhaus Rudolstadt. Gleichwohl war der Ort gut gewählt, um die fünf Romane des Kirchenhistorikers Kurt Nowak vorzustellen. Erschienen sie doch, bis auf den letzten, im Greifenverlag Rudolstadt.

Goethe indes kam vor. In einer Romanpassage wurden die Zuhörenden imaginär ins Haus am Frauenplan versetzt:
„Ein Dokumentaristenteam drehte einen Film. Sie hielten Besuchern des Goethehauses Mikrophone an den Mund, die mediengerecht über ihr Verhältnis zur Erbepflege zu sprechen begannen. […] Goethes Studierstube. Ein Gitter verwehrte den Zutritt. Mildes Licht lag über den Federkielen und Büchern. Goethe war von Tisch und Bett durch immerwährenden Belagerungszustand vertrieben. Man mußte ihn neu erfinden. Unerkannt stand er hinter einer Blutbuche und beobachtete sein Haus.“

Kreativität unter den Bedingungen der DDR thematisiert auch jener Roman, der der Veranstaltung den Titel gab: „Schöner Übermut des Herbstes“. Zehn Jahre nachdem Schiller 1787 in Rudolstadt die Schwestern Charlotte von Lengefeld und Caroline von Beulwitz kennengelernt hatte, schrieb Friedrich Schlegel an Friedrich Schleiermacher im Blick auf ein gemeinsames Projekt: „Ich bin gesonnen aus dem schönen Uebermuth des vorigen Herbstes […] eine Musik zu componiren, zu der Du aber die andre Hälfte geben musst.“

In seinem vielleicht besten Roman konfrontiert Nowak das Denken und Fühlen der Frühromantik mit der Leipziger Alltagsrealität um 1980. Wie er den frühromantischen Impuls – Autonomie, Gebrauch aller Sinne, Gedanke des universellen Menschen – gegen die innere und äußere Stagnation jener Zeit setzt, nötigte der Zuhörerschaft Respekt ab. Man sollte Nowaks Romane aus den 1980er Jahren mit einem aktuellen Buch wie „Die Möglichkeit von Glück“ von Anne Rabe ins Gespräch bringen, so eine Stimme.

Auch Nowaks belletristische Gestaltung der NS-Zeit und ihrer Vorgeschichte, die er als Kirchenhistoriker erforscht hat, gelte es wieder neu zu entdecken, so eine weitere Teilnehmerin. Das Motiv für diese Auseinandersetzung benannte Nowak in einem Exposé knapp mit: „Der Faschismus beginnt nicht erst mit Auschwitz; bei Auschwitz hört er auf.“

Wer sich jetzt für die Hintergründe und die Entstehung von Nowaks Romanen interessiert, sei auf diesen – frei zugänglichen – Aufsatz von Akademiedirektor Dr. Sebastian Kranich verwiesen.

Nowaks Romane selbst sind für wenige Euro antiquarisch zu haben. Sie erschienen in hohen Auflagen. Meistgedruckt: Der Tod des Studenten Lothar Dahl: Auflage 32.000, die slowakische Übersetzung nicht eingerechnet. Schöner Übermut des Herbstes: Auflage zu DDR-Zeiten 20.000, Paperback-Nachauflage 1991.