Ein Augenblick im Meer der Zeiten, in dem die stillen Stimmen tönen, die sonst der Tag verdeckt mit seinem lauten Schrei’n. Der Augenblick, in dem die Kerzen brennen, die heiligen Kerzen, die der Liebe leuchten, da jedes Herz es ahnt, was Friede sei. –
In dieser Stille zwischen heut und morgen, in dieser Handvoll weniger Minuten, besinnt der Mensch sich auf sein tiefstes Glück, lauscht auf die leise Melodie der Liebe – und geht dann neu zu seinem Tag zurück.
(Elisabeth Dauthendey, 1854-1943)
Auch das Team der Evangelischen Akademie Thüringen zieht sich für einige Tage in die Weihnachtsstille zurück, um das alte Jahr festlich abzuschließen und neue Kräfte für das kommende zu sammeln. Wir wünschen Ihnen gesegnete Feiertage, besinnliche Stunden und allzeit viel Freude!
Im Zinzendorfhaus begegnen sich bei der täglichen Arbeit viele Mitarbeitende aus unterschiedlichen evangelischen Einrichtungen, die unter dem Dach des Evangelischen Zentrums in Neudietendorf angesiedelt sind. Der Dezember ist ein besonderer Monat für diese Begegnungen, denn zur Zeit des Mittagsgebets von 12:15 bis 12:30 Uhr öffnet täglich eine andere Institution ihre Bürotür, um zur gemeinsamen Andacht einzuladen, die mit Geschichten, Liedern, Basteln – und immer einer besonders liebevollen Note – gestaltet werden. Die Evangelische Akademie Thüringen leitete zur „Offenen Bürotür“ am Montag, den 10.12. rund 25 Teilnehmende an, kleine Papierkästchen zu basteln; der Zweck wurde jedoch noch nicht verraten.
Drei Tage später, am Donnerstag, den 13.12. tauchten die geheimnisvollen Kästchen gefüllt mit Nüssen und Schokotalern wieder auf, nämlich zur gemeinsamen Adventsfeier des Evangelischen Zentrums als Wegweiser für die Tischordnung. Begonnen wurde zunächst mit einer Andacht von Pfarrer Dr. Sebastian Kranich. Zimmermänner, Holz und Schnitzwerk kamen darin vor, und auch um Weihnachtsbilder und Zerrformen des Fests ging es (den Text dazu kann man im Download des Blogs nachlesen).
Beim gemütlichen Beisammensein bei Punsch, Plätzchen und leckeren Bratäpfeln aus der Küche des Zinzendorfhauses wurde gesungen, unter musikalischer Begleitung des eigens dafür zusammengestellten Trios. Auch zwei Geschichten gab es zu hören; in beiden ging es um die Visionen von Kindern an Weihnachten: Thomas Bernhard lässt einen Siebenjährigen auf dem verschneiten Weg durch den Wald von drei Heiligen zu den wirklich wesentlichen Dingen entführen, und Paul Maar erzählt vom doppelten Weihnachtsmann, der einen kleinen Jungen am Heiligabend ganz unmittelbar Allgegenwärtigkeit verstehen lässt.
Diese schöne Zäsur im Arbeitsalltag wird sicher noch ein paar Tage nachklingen!
„Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.“ (Jesus Sirach 1, 14) Diese Bibelstelle suchte sich Akademiedirektor Dr. Sebastian Kranich als Predigttext für seinen Einführungsgottesdienst aus. Die Weisheit als Fähigkeit, das große Ganze zu sehen, sich die Zeit und den Raum zu nehmen, Fragen gründlich zu durchdringen und dabei demütig zu bleiben, darum geht es darin. Und darum geht es Dr. Sebastian Kranich als Direktor der Evangelischen Akademie.
Am Abend des 4. Dezember 2018 wurde er in der Brüderkirche Neudietendorf von Oberkirchenrätin Martina Klein in sein Amt eingeführt. Beim anschließenden Empfang im Zinzendorfhaus gab es für Weggefährten, Freundinnen sowie neue Kollegen und Kooperationspartnerinnen die Möglichkeit, dem neuen Direktor gute Wünsche mit auf den Weg zu geben und ihn besser kennenzulernen. Das Team der Akademie schenkte zur Einführung einen frisch gepflanzten Apfelbaum im Garten des Zinzendorfhauses verbunden mit den Wünschen, dass auch die Arbeit von Dr. Sebastian Kranich viel Frucht bringen und ein bleibendes Zeichen in Neudietendorf hinterlassen wird. Gottesdienst und Grußworte machten deutlich, dass er die Akademie in gesellschaftlich stürmischen Zeiten übernimmt. Die Gesellschaft droht auseinanderzudriften und Problemlagen spitzen sich zu. Da tut es bitter Not, protestantische Diskurskultur zu stärken und in die Mitte der Gesellschaft zu tragen.
Die Predigt von Dr. Sebastian Kranich ist als Download verfügbar.
In der vergangenen Woche fand in der Jugendbildungsstätte Junker Jörg in Eisenach der Workshop „Forumtheater in der politischen Bildung“ statt. Die Teilnehmenden aus der (politischen) Bildungsarbeit erarbeiteten Forumtheaterszenen, die erlebte Realität abbilden und dann gemeinsam mit dem Publikum bzw. dem Forum verändert werden. So werden Handlungsoptionen für die Realität gefunden und erprobt. In Reflexionsgesprächen wurde diese Form des „Theaters der Unterdrückten“ von Augusto Boal auf Einsetzbarkeit in der politischen Bildung hinterfragt. Beim Workshop dabei war Julius Reich, derzeit FSJler in der Evangelischen Akademie Thüringen. Er schildert seine Eindrücke:
„Wir sitzen im Kreis, langsam betrachten wir die Gesichter der neuen Gruppe. Wir nehmen Blickkontakt auf, wechseln die Plätze und beginnen erneut. Ein aufregendes Erlebnis, das zum Nachdenken, Auseinandersetzen und Handeln aufruft. Prozesse liegen vor uns, die nicht nur das Agieren mit Menschen bestärken, sondern auch das Ändern der Menschen. Forumtheater wurde von Augusto Boal, einem lateinamerikanischen Theatermacher, entwickelt, um Menschen nicht ein Stück, sondern IHR Stück vorzuspielen. Die wahre, bittere, zum Teil verängstigende Realität wird gezeigt, von ganz normalen Menschen erfahren und wiedergegeben.
Der Referent ist Till Baumann – ein Mann vom Fach, freischaffender Theatermacher und -pädagoge aus Berlin. Er zeigt uns zielbewusst theatrale Übungen, Spiele und Techniken. Über körperlichen Ausdruck und nonverbalen Dialog gemeinsam sprachliche Barrieren überwinden, Lust zum Scheitern, schnell gefundener Gruppenzusammenhalt, Dynamik, Spaß, Ernsthaftigkeit, Nachdenklichkeit, … mit all dem kann man Forumtheater beschreiben. Es ist eine Art Labor, um die Situation unterdrückter Menschen zu verstehen, versuchen zu verbessern oder z. B. einen Streit so zu provozieren, dass am Ende alles scheitert. Wir sind alle verschieden, kannten einander nicht, doch eines haben wir verstanden: Handeln kann jeder, Handlungen haben Auswirkungen und am Ende ist alles nur Theater. Und Theater verändert die Welt.“
Neu erschienen auf Literaturkritik.de ist der Vortrag, den unser Direktor Dr. Sebastian Kranich auf der Akademie-Tagung „Der Sommer zog über die Gräber her – Schriftsteller und der Erste Weltkrieg“ am 16. November in Neudietendorf gehalten hat. Sein Essay „Mit Gott in den Krieg – mit Luther zum Sieg?“ über den Protestantismus im Ersten Weltkrieg beginnt mit dieser Szenerie:
Auf dem Schlossplatz in Berlin spielte sich am 1. August 1914 nach dem Bericht des Berliner Lokal-Anzeigers Folgendes ab: „Die ungeheuren Menschenmassen […] machten ihrem bewegten Herzen zunächst durch das Absingen des Liedes ‚Ein feste Burg ist unser Gott‚ Luft. Dann wurden Rufe nach dem Kaiser laut.“
Dieser trat daraufhin mit der Kaiserin auf den Balkon, dankte für „Liebe“ und „Treue“ der Versammelten und sagte: „In dem jetzt bevorstehenden Kampf kenne ich in meinem Volke keine Parteien mehr. Es gibt unter uns nur noch Deutsche […]. Es handelt sich jetzt nur darum, daß alle wie Brüder zusammenstehen, und dann wird dem deutschen Schwert Gott zum Siege verhelfen.“
Zum ersten Mal seit Gründung des Bundeslandes lud das Arbeitsministerium des Landes Sachsen-Anhalt zur Betriebsrätekonferenz ein. Und die Resonanz war groß: 300 Betriebsräte, Personalräte und Mitglieder von Mitarbeitervertretungen kamen. Denn es hat sich etwas verändert im Land. Plötzlich ist es nicht mehr das Gespenst der Arbeitslosigkeit, das die Menschen umtreibt (und Arbeitswillige zwingt, jeden Job zu welchen Bedingungen auch immer anzunehmen). Jetzt sind Arbeitskräfte gesucht, und immer mehr Menschen im Land haben eine Wahl bei Ausbildungs- oder Arbeitsplatz. Das wiederum motiviert die Arbeitgeber, die Arbeitsbedingungen zu verbessern. Und daher sind nun auch die Positionen von Gewerkschaften und Mitarbeitervertretungen wieder diskutabel – denn sie wissen, was die Beschäftigten wollen, und was getan werden kann, um sie nach Sachsen-Anhalt zu locken, zurückzuholen oder zum Bleiben zu bewegen.
Ministerpräsident Rainer Haseloff sprach daher davon, dass gut bezahlte Jobs erhalten bleiben und Löhne steigen, zugleich aber auch die Bemühungen zur Vereinbarung von Familie und Beruf verstärkt werden sollten. Und seine Forderung gegenüber dem Bund, den Kohleausstieg mit einem staatlich finanzierten Strukturförderprogramm in den betroffenen Regionen zu koppeln, fällt in solchen Zeiten auf fruchtbaren Boden. Denn wenn Fachkräfte zunehmend schwerer zu finden seien, wäre es volkwirtschaftlicher Unsinn, die Beschäftigten im Kohlebergbau im Regen stehen zu lassen, anstelle sie für neue Aufgaben zu qualifizieren.
Aus den Reihen der Arbeitnehmenden wurde indes die Forderung nach besser begrenzten Arbeitszeiten laut. Denn durch die verbreitete Arbeitsverdichtung – aufgrund von Personalengpässen, aber auch den Anforderungen des digitalen Wandels – sei es an der Zeit, dass die Beschäftigten an den Früchten ihrer Arbeit angemessenen Anteil bekämen: weniger Sonntagsarbeit, mehr Zeitsouveränität, Gesundheitsorientierung und höhere Löhne (besonders im Niedriglohnbereich). Gute Arbeit sei ein Wettbewerbsvorteil bei der Fachkräftesicherung, sagte Arbeitsministerin Petra Grimm-Benne, den es strategisch auszubauen gelte. Mitbestimmung und Tarifpartnerschaft seien hohe Güter, die in Deutschland geholfen hatten, die soziale Marktwirtschaft zu entwickeln und zur Blüte zu führen. Insofern war es folgerichtig, dass sich die Mehrheit der Anwesenden dafür aussprach, bei einer Neuauflage der Konferenz – die die Ministerin in Aussicht gestellt hat – ebenfalls die Arbeitgeber einzuladen.