Mit einem Gottesdienst im Magdeburger Dom wurde daran erinnert, dass Kaiser Konstantin vor 1.700 Jahren den Sonntg zum allgemeinen Ruhetag erklärte und damit erstmals zum arbeitsfeien Tag machte. Foto: (c) Holger Lemme/EAT.
Rund 50 Menschen folgten der Einladung der Allianz für den freien Sonntag Sachsen-Anhalt und nahmen nach dem Gottesdienst gegenüber des Landtags auf Liegestühlen Platz. Foto: (c) Steffen Lehmann/Magdeburger Platte.
Bei frischer Luft und Musik schickten sie damit öffentlich ein Zeichen an den Landtag Sachsen-Anhalts, der gerade über Änderungen am Sonn- und Feiertagsgesetz und am Ladenöffnungszeitengesetz berät. Foto: (c) Holger Lemme/EAT.
Der Cellist Matthias Marggraff spielte für diejenigen, die sich um das Transparent "SONNTAG - Ein Geschenk des Himmels" versammelt hatten, ein kurzes Konzert. Foto: (c) Holger Lemme/EAT.
Mit einem Gottesdienst im Magdeburger Dom wurde daran erinnert, dass vor genau 1.700 Jahren, am 3. März 321 n. Chr., der römische Kaiser Konstantin ein wegweisendes Edikt erließ: „Alle Richter, Stadtleute und Gewerbetreibenden sollen am verehrungswürdigen Tag der Sonne (dies solis) ruhen.“ Damit galt zum ersten Mal in der Geschichte der Sonntag als allgemeiner Ruhetag, als staatlich geschützter arbeitsfreier Tag.
Heute ist die Sonntagsruhe im Grundgesetz geschützt. Vor gut 100 Jahren wurde der Sonntag als Tag der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung in der Weimarer Reichsverfassung verankert. Dieser Artikel gilt bis heute gemäß Art. 140 GG fort.
Und doch bleibt der Sonntag nur dann ein besonderer Ruhetag, wenn er nicht zum siebten Werktag wird – leider wird die Sonntagsruhe in vielen Wirtschaftsbranchen schon ausgehöhlt. Daher setzt sich die Allianz für den freien Sonntag, ein Zusammenschluss aus gewerkschaftlichen, kirchlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren, für den Erhalt der Sonntagsruhe ein.
Am 14. März 2021 folgten rund 50 Menschen der Einladung der Sonntagsallianz Sachsen-Anhalt und nahmen nach dem Gottesdienst vor dem Dom auf Liegestühlen Platz. Bei frischer Luft und Musik schickten sie damit öffentlich ein Zeichen an den Landtag Sachsen-Anhalts, der gerade über Änderungen am Sonn- und Feiertagsgesetz und am Ladenöffnungszeitengesetz berät. Denn der Sonntag ist kein Tag zum Shoppen und Schuften. Er gehört dem Glauben, der Familie, der Kultur, dem Sport, der Geselligkeit und der Erholung.
Für historisch Interessierte: Mit dem Erlass des Kaisers Konstantin wird das Nundinum, der Neun-Tages-Rhythmus im römischen Kalender, abgelöst. Die im Judentum schon lange übliche Sieben-Tage-Woche wird rechtlich verbindlich. Allerdings erklärt Konstantin nicht den Sabbat (den siebten Tag nach alttestamentarischer Zählung), sondern den Sonntag (den Tag der Auferstehung Christi) zum Ruhetag. Nach langen Jahren der Verfolgung können die Christinnen und Christen nun den Gottesdienst an einem Tag ohne Arbeitsverpflichtungen feiern. Allerdings dauert es noch gut ein Jahrhundert, bis der Sonntag auch in der kaiserlichen Gesetzgebung offiziell den christlichen Namen „dies dominicus“ (Tag des Herrn) erhält.
„Während meiner Schulzeit unternahm ich eine Reise nach Irland. Neben vielen anderen interessanten Eindrücken von „der grünen Insel“ sind mir besonders auch die irischen Steinkreuze, auch keltische oder Hochkreuze genannt, in bleibender Erinnerung geblieben. Viele von ihnen sieht man alleinstehend oder auch auf alten Grabstätten nahe und rund um bedeutende historische Sehenswürdigkeiten, wie etwa bei Clonmacnoise, einer Klosterruine im Herzen Irlands, deren Geschichte bis ins 6. Jahrhundert zurückreicht. Die Kreuze sind den teils rauen Wind- und Wetterbedingungen ausgesetzt, sie zeigen deutliche Spuren ihres Alters. Still und stumm ragen sie auf, als Zeugnisse sakraler Kunst des mittelalterlichen Christentums auf den Britischen Inseln. Regen, Zeit und Kälte haben sich in ihnen eingegraben, Flechten und Wurzeln klammern sich an sie und verleihen ihnen ein eigenes Muster.
Das Gestein und das Kreuz – geht das zusammen? Die raue, manchmal auch glatte Oberfläche des Steins, ein Material, das ohne Bewegung, das zu schweigen scheint. Weder atmend, noch lebendig. Auf der anderen Seite – der Glaube an Erlösung, an Auferstehung und das ewige Leben nach dem Tod, dem Symbol des Kreuzes immanent.
Es ist dieser vermeintliche Kontrast, der mich an den irischen Steinkreuzen bei näherem Hinsehen besonders beeindruckt hat: Grau steht auf Grün. Die Kreuze sind umgeben von den grünen Wiesen und Hügeln, für die Irland vielerorts bekannt ist. Grün wie die Hoffnung, grün wie das Leben.
Aus Stein werden Dinge gebaut, von denen erwartet wird, dass sie auch nach vielen Jahren unverändert Bestand haben. Steine sind nicht immer grau, sie sind facettenreich, bunt und erzählen uns Geschichten vom Antlitz der Erde aus Zeiten, die weit zurückliegen. Und so mögen uns steinerne Kreuze ebenso daran erinnern, dass Hoffnung und Zuversicht beständig sind, unabhängig vom Wandel der Zeiten.“
Der Tod rückt uns in der Pandemie ganz schön auf die Pelle. So hieß es in einem Radiovorbericht zur Buchvorstellung „Vom Umgang mit der Todesangst. Empirische Untersuchungen und ihre praktische Relevanz“. Tatsächlich war das Interesse daran groß und das Gespräch intensiv.
Zur Präsentation des neuen Buches von Dr. Jutta Kranich-Rittweger nur zwei Punkte. Denn die gut 50 sehenswerten Minuten sind online auf YouTube verfügbar.
Die Psychotherapeutin und Theologin plädierte auf dem Hintergrund ihrer jahrzehntelangen Arbeit mit Krebspatienten für eine Auseinandersetzung mit Sterben und Tod. Denn diese vermag Ängste zu lindern. In ihrer Praxis arbeitet sie mit kreativen Methoden. Angst und Hoffnung kann so Gestalt gegeben werden: in Bildern, kleinen Kunstwerken, Briefen, Geschichten. Aber sie können – von einer Bäckerin – auch gebacken werden: in einer Torte des Todes und einer Torte des Lebens. Kreativität ist eine Antwort auf des Sterbenmüssen, so Kranich-Rittweger.
Spannend auch: In einer ostdeutschen Großstadt, dem Untersuchungsort, hat immerhin die Hälfte der Befragten ein Bild oder eine Idee über den eigenen Tod hinaus. Und diese Bilder sind allesamt positiv besetzt. Das Jenseits schreckt nicht, sondern wird unterschiedlich vorgestellt und ausgemalt. Traditionelle Vorstellungen werden dabei mit neuen Elementen kombiniert oder ausgeschmückt. Viele sehen sich oder die Verstorbenen in einem Himmel, etwa in einer himmlischen Wohnung oder auf einer himmlischen Wiese. Das Paradies kann dann z. B. sein wie „Woodstock ohne Drogen.“
Das anschließende Gespräch dauerte knapp eine Stunde. Hier hatten eigene Erfahrungen ihren Raum. Etwa die, dass ein hochbetagter Mann in der Klinik nicht sterben darf, künstlich am Leben erhalten wird, weil ihn Ärzte nicht sterben lassen. Aber auch: Wie 70jährige Kinder es nicht fassen können, dass ihr über 90jähriger Vater nun stirbt und diese die Ärzte deshalb mit Vorwürfen überziehen und unter Druck setzen.
Was die eigene Angst vor dem Tod angeht, machte Jutta Kranich-Rittweger auf Nachfrage noch einmal deutlich: Pathologische Angststörungen lassen sich psychotherapeutisch gut behandeln. Die Angst vor dem Tod könne man aber nur lindern. Da sei sie ganz bescheiden geworden. Todesangst gehöre nun einmal zum menschlichen Leben. Warum? Das habe der Theologe Paul Tillich grundsätzlich so gefasst: „Existenz schließt Endlichkeit ein, und Angst ist das Gewahrwerden der eigenen Endlichkeit.“
Ein Fazit der Diskussion lässt sich ziehen: Wir brauchen eine neue Sterbekultur. Nicht nur das Leben, auch das Lebensende bedarf der Gestaltung. Dazu braucht es eine Gesprächsfähigkeit, zu der diese Buchvorstellung ein Beitrag war.
Der Pfarrer und Poet Kurt Marti konstatierte: „Das Kreuz ist nicht Sinnbild einer Allerweltsideologie der Mitte, es ist ein Galgen, bestimmt für Abweichler und Aufrührer, für Staatsfeinde und Gotteslästerer.“
Deshalb bedarf es mitunter „Mut zum Kreuz“, so der Titel einer Ausstellung, die vor zwei Jahren in Heiligenstadt zu sehen war. Erzählt wird darin auch die Geschichte des Bausoldaten Martin Wiesler aus Erfurt, wie die Thüringer Allgemeine berichtete:
Der NVA-Waffendienstverweigerer gestaltete 1985 einen Osternacht-Gottesdienst, den er heimlich mit anderen Soldaten abhielt – mit dem Kreuz im Mittelpunkt. Daraufhin wurde ihm Haft angedroht. Dem Stasioffizier gegenüber äußerte Wiesler: „Ich informiere meinen Chef über den Vorfall und die Drohungen mir gegenüber.“ Der Vorgesetzte wurde wütend und fragte, wer denn sein Chef sei. „Der Bischof von Erfurt“, so die Antwort Wieslers. Von da an habe der Bausoldat nie wieder etwas von der Sache gehört.
Selbst Bausoldat gewesen, kann ich sagen: Mut war vonnöten, um den Konflikt mit Vorgesetzten zu wagen. Galten Bausoldaten für die Stasi doch per se als „Staatsfeinde in Uniform“. Worte wie Nachfolge, das Kreuz auf sich nehmen, das Kreuz tragen, mit Jesus, dem Schmerzensmann, leiden, sind recht groß.
Ja, und bisweilen konnte es schon komisch werden: „Ich bin ein Märtyrer / ich leide / in meinem Bausoldatenkleide“ – der beißende Spruch von Holger Richter, Bausoldat in Sassnitz, notiert in seinem „Güllenbuch“, bringt das auf den Punkt.
Und doch: In meinen Briefen aus der Kaserne erinnere ich wiederholt ein Wort von Kurt Marti. Nein, nicht das Wort vom Kreuz als Galgen. In der Empörung ist es ein anderes. Am 23. Februar 1989 schrieb ich aus Merseburg: „Diese, dem widerlich süßen, verlockenden Geschmack der Macht erlegenen Menschen, haben nicht bis ins Letzte hinein das ‚alles Bestimmen‚ gepachtet. Da fällt mir wieder der Spruch des Schweizer Schriftstellers und Theologen Kurt Marti ein: Sei wie die Rose – bleib standhaft – zeige Dornen – beuge dich nur: der Liebe.“ Tags darauf heißt es als P. S.: „Hab heute Ausgang gekriegt. Werd mit Andreas in den Dom, zur Kreuzwegstation gehen.“
Als Juli Zeh 2009 ihren Roman Corpus Delicti veröffentlichte, ursprünglich als Theaterstück für die Ruhrtriennale 2007 geschrieben, war Covid-19 noch anderthalb Dekaden entfernt und die damit verbundenen Maßnahmen keine reelle Erfahrung, die wir alle teilten. Wenn wir nun, mitten in einer Pandemie lebend, über den Text diskutieren, dann ist dieser Unterschied zu bedenken: Eine literarisch-dystopische Skizzierung einer Staatsform, die die Gesundheit ihrer Bürger als oberstes Ziel verfolgt und Prävention diktatorisch aufoktroyiert, ist etwas anderes als ein pandemischer Ausnahmezustand in einem grundsätzlich demokratischen Staat. Darin waren sich die Teilnehmenden des Literarischen Salons, der am Mittwoch, 24. März zum ersten Mal online stattfand, einig.
Die differenzierte Diskussion widmete sich in drei Themenblöcken einer Annäherung an den Roman und den Warnungen, die dieser an unsere Gesellschaft richtet. Zunächst stand die Frage im Raum, ob jemand, der körperliche Gesundheit nicht als Lebensziel verfolgt, schon krank genannt werden könne, wie dies auf den ersten Seiten des Buchs durch die Figur Kramer zum Ausdruck kommt; und ob Gesundheit nur die bloße Abwesenheit von Krankheit bedeutet, ob es gar ein „Recht auf Krankheit“ gibt, wie dies die Widerständigen in der Gesellschaft der Romanwelt fordern. Zwar, so wurde im Gespräch festgestellt, sind wir heute in den globalen Bedingungen immer noch genug damit beschäftigt, uns um das Recht auf Gesundheit für alle Erdenbürger zu bemühen, so dass uns eine solche Forderung eher absurd vorkommt; jedoch ist im Hinblick auf die stetig steigenden Tendenzen der Selbstoptimierung, der Körperfixiertheit und der Marketing-Strategien unseres Gesundheitssystem auch zu verstehen, woher theoretisch der Wunsch erwachsen könnte, Gesundheit nicht als Maß aller Dinge zu sehen.
In einem zweiten Block ging es um die Frage der persönlichen Freiheit im Einklang mit dem Gemeinwohl. Wenn die Gesundheitsprävention nicht mehr Privatsache ist, sondern als prinzipielles Erfolgsprinzip gilt, und zwar für den Einzelnen genauso wie für die Gesellschaft, dann wird diese Gesellschaft inhuman und unsolidarisch; politisch betriebene Prävention sei, so schreibt Juli Zeh in ihrem Begleitbuch Fragen zu Corpus Delicti (2020), gar totalitär, denn ein Präventionsstaat wie die in Corpus Delicti beschriebene METHODE, ersetze Zusammenhalt durch soziale Kontrolle. Gutes Leben als einheitliche, kollektive Vision und als Sache der Staatsmacht führt, so Zeh, unweigerlich zur Dystopie, das haben schon so manche Romane und Filme gezeigt.
Schließlich kam man im dritten Teil doch auf die Corona-Krise zu sprechen, und zwar in Bezug auf die Begriffe Normalität und Normativität, denn im vergangenen Jahr, stellten die Teilnehmenden fest, seien viele Normen verschoben worden. Von Grußformeln („Bleib gesund“) über neuen Alltagswortschatz bis hin zur Akzeptanz neuer Arbeits- und Begegnungsformen hat sich Vieles als (fast) normal etabliert, was vor der Pandemie noch undenkbar gewesen wäre. Auch die Beschäftigung mit Tod und Sterben gehört dazu.
Zwischen den Redebeiträgen der insgesamt 20 Teilnehmenden bereicherte Christiane Mock (Inhaberin der Buchhandlung Contineo und Kooperationspartnerin der Veranstaltungsreihe Literarischer Salon) mit vorgelesenen Textausschnitten aus dem Roman und dem Materialbuch die Runde. Passend zum Thema und auch zur derzeitigen Situation des Lockdowns war sie – ganzkörperlich infektionsgeschützt – verkleidet als „Frau Methode“ und gemahnte so mit zwinkerndem Auge an die erschreckenden Seiten des Themas.
Der nächste Literarische Salon in Kooperation mit Contineo wird am 3. November stattfinden. Gerne werden Vorschläge für zu besprechende Bücher entgegengenommen. Im Sommer können eigene Lieblingslektüren beim Literarischen Garten am 13. Juli und am 25. August vorgestellt werden.