Jährliche Mitgliederversammlung des Freundeskreises am 13.12.2024 in Neudietendorf. Foto: (c) Metzdorf/EAT
Neben den offiziellen Tagesordnungspunkten ging es auch um gute Gespräche und adventliches Beisammensein. Foto: (c) Zubarik/EAT
Auch für den Freundeskreis der Akademie gibt es regelmäßig zum Jahresende hin ein „Alle Jahre wieder…“ – das ist die laut Satzung festgelegte jährliche Mitgliederversammlung. Dort wird, neben dem Tätigkeitsbericht und der Entlastung des Vorstands, auf die Akademiearbeit der letzten zwölf Monate zurückgeblickt, aber auch auf das kommende Programm geschaut und geprüft, wo die Freunde und Freundinnen der EAT mitwirken und unterstützen können, welche Vorschläge sie haben und wie neue Interessierte für die Arbeit des Freundeskreises, aber auch als Teilnehmende der Akademieveranstaltungen gewonnen werden können.
So wurde am vergangenen Freitag (13.12.2024) bei der im Begegnungsraum der EAT im Zinzendorfhaus Neudietendorf abgehaltenen Versammlung unter anderem beschlossen, dass im zweiten Halbjahr 2025 ein Klausurtag stattfinden soll, der zur ausführlichen Reflexion über die Zusammenarbeit des Freundeskreises und der EAT einlädt; dafür wurde eine Arbeitsgruppe zur Vorbereitung gegründet.
Neben der offiziellen Tagesordnung gilt es bei der Versammlung jedoch auch, die Möglichkeit zum Beisammensein vor Ort zu nutzen, gute Gespräche zu führen und sich freundschaftlich zu begegnen.
Besonderer Dank gilt dem Vorstand des Freundeskreises für seine unermüdliche Arbeit, dem Vorsitzenden Reinhard Hild, Ernst Herrbach und Konrad Rinke!
Weitere Mitglieder sind sehr herzlich willkommen! Falls Sie an einer Mitgliedschaft interessiert sind, melden Sie sich gerne bei uns; die Satzung des Freundeskreises sowie die Beitrittserklärung zum download finden Sie hier.
Am 10. und 11. Dezember zogen sich die Mitglieder des Akademie-Kollegiums zur Klausur nach Bamberg zurück. In angenehm-gastlicher Atmosphäre des Bistumshaus St. Otto nutzten sie die Gelegenheit, die Herausforderungen des nächsten Jahres zu besprechen, die Öffentlichkeitsarbeit zu reflektieren und neue Herausforderungen im Umgang mit Social Media zu diskutieren.
Neben der konzentrierten Arbeit durfte die Erholung nicht fehlen. Ein Bummel durch die weihnachtlich beleuchtete Stadt, eine Stippvisite am berühmten Dom, die Lust auf mehr gemacht hat, sowie die gemütliche fränkische Wirtshausatmosphäre hat diese zwei dichten Tage zu einer runden Sache gemacht.
Gemeinsam durch unsichere Zeiten. Foto: Anton Filonenko
Aus Ungarn zugeschaltet: András Nyirati von der Power of Humanity Foundation. Foto: Anton Filonenko
Was Solidarität praktisch bedeuten kann, besprachen Frederik Damerau (VereinT Zukunft bilden e.V.) und Josina Monteiro (Antidiskriminierungsnetzwerk Thüringen) moderiert von Maria Gehre. Foto: Anton Filonenko
Neue Strategien für politische Bildungsarbeit? Ein paar Ansätze gab es in den Workshops, wie hier mit Tabea Sternberg (Starmountfilm – Narrative für Nonprofits). Foto: Anton Filonenko
Neben den Inputs gab es viel Zeit für Austausch. Foto: Anton Filonenko
Die Lage vieler Träger und Akteure in politischer Bildung, zivilgesellschaftlichem Engagement und Demokratiebildung ist derzeit schwierig bis desolat. Fehlende Haushalte und Übergänge in großen Förderprogrammen wie „Demokratie leben!“ treffen auf zunehmenden politischen Druck und unsichere Regierungskonstellationen – in Thüringen wie im Bund.
Es gab also viel zu besprechen bei der Veranstaltung „Über den Winter kommen. Solidarisierung in der politischen Bildung“ am 28. November im Erfurter Zughafen. Eingeladen hatte die Akademie gemeinsam mit dem Netzwerk für Demokratiebildung Thüringen, dem Bildungswerk ver.di Thüringen e.V. und der Heinrich-Böll-Stiftung Thüringen, um die aktuelle Lage zu analysieren und gemeinsam nach neuen Wegen zu suchen, um Bildung für Demokratie und friedliches, vielfältiges Miteinander krisenfest(er) zu machen.
Eröffnet wurde die Veranstaltung mit zwei Erfahrungsberichten aus Situationen, wie sie manche in Thüringen (be)fürchten. Özcan Karadeniz, ehemaliger Geschäftsführer des Dachverbands Sächsischer Migrant*innenorganisationen, berichtete, wie immer mehr Rückforderungen vom Landesrechnungshof zur Insolvenz seiner Organisation geführt hatten. Er sprach davon, dass es durchaus kleinere, technische Fehler bei der Bewirtschaftung der Fördermittel gegeben habe, die zweifelsfrei zu beanstanden waren. Allerdings habe es in dem Verband auch viel Engagement für gesellschaftlichen Zusammenhalt und Demokratie gegeben und keinerlei kriminelle Energie. Die Beanstandungen und Rückforderungen seien überzogen gewesen. Er sprach von einer „politisierten Bürokratie“, die gegen die migrantischen Organisationen gearbeitet habe. Unterstützer:innen in Politik und Zivilgesellschaft seien zudem im vorauseilenden Gehorsam vor einem immer weiter nach rechts rückenden Zeitgeist eingeknickt und hätten Hilfe vermissen lassen.
Nicht weniger bedrückend war der Bericht von András Nyirati, Präsident der Power of Humanity Foundation, der aus Ungarn zugeschaltet wurde. Er berichtete, wie die ungarische Regierung systematisch politische Bildung und Zivilgesellschaftliches Engagement verhindert. Staatliche Unterstützung dieser Arbeit gibt es in Ungarn gar nicht, ein Gesetz zum Schutz von Kindern und Jugendlichen verhindere politische Bildung in der Schule weitestgehend und Fördergelder aus dem Ausland anzunehmen werde kriminalisiert – sogar wenn sie von der Europäischen Union stammt. Sein Input trug daher auch den Titel „How to work with acitve citizenship, democracy and community in a hostile enviroment“ also „Wie man aktive Zivilgesellschaft, Demokratie und gesellschaftliches Engagement in einer feindlichen Umgebung möglich macht“. Und so zeigte er, was er und viele Ehrenamtliche dennoch leisten. Bewährte Strategien seien junge Menschen in Zivilgesellschaft einzubinden, Bürger*innenbeteiligung zu fördern, Zusammenarbeit von Wirtschaft und Zivilgesellschaft zu forcieren und Gamebased Learning zur Sensibilisierung einzusetzen.
Am Nachmittag widmeten sich die Teilnehmenden dann neuen Wegen, um Zivilgesellschaftliche Arbeit und politische Bildung zu finanzieren. Themen waren Crowdfunding, Fundraising und alternative Modelle der internen Bezahlung.
Julia Lange, Koordinatorin des Netzwerks Demokratiebildung in Thüringen, fasste als ihre Beobachtung des Tages die folgenden Begriffe zum Abschluss zusammen, die helfen können, um über den Winter zu kommen: Geduld, Wärme, Solidarität, Wertschätzung, Zuversicht und Inspiration.
Sex und Politik. Gleich zwei Themen, über die Jugendliche nur sehr ungern mit Erwachsenen sprechen. Trotzdem oder gerade deshalb fanden sich bei der Tagung „Let´s talk about Sex and Politics – Politische Bildung und Sexuelle Bildung im Gespräch“ viele Menschen aus Bildungs- und Jugendarbeit zusammen, die über die Schnittmenge sprechen wollten. Dabei war die fachliche Bandbreite der Teilnehmenden groß: von stationärer Jugendhilfe bis offene Jugendarbeit, von Schulsozialarbeit bis Kindertagesstätte und von Kirche bis freiberufliche Trainer:innen waren viele Arbeitsbereiche vertreten.
Im Eröffnungsvortrag gab Prof. Dr. Heinz-Jürgen Voß vom Institut für Angewandte Sexualwissenschaft der Fachhochschule Merseburg einen ausführlichen Überblick zur empirischen Befundlage zur Sexualität junger Menschen. Dabei analysierte er auch die Entwicklungen der vergangenen Jahre vor dem Hintergrund von Digitalisierung und Pluralisierung. Entschieden widersprach er dem Klischee, dass Jugendliche immer früher sexuell aktiv seien. Liebe und Partnerschaft ist Jugendlichen heute viel wichtiger als in vergangenen Jahrzehnten und viele warten auf den Richtigen oder die Richtige. „Jugend verwahrlost nicht, sondern ist sehr auf Grenzwahrung und sexuelle Identität bedacht, womit sie Erwachsene schon mal überfordern können,“ so Voß. Dennoch sei die sexuelle Bildung – vornehmlich in Rahmen der Schule vorzufinden – vor allem auf negative Aspekte von Sexualität bedacht. Da ginge es vornehmlich um den Schutz vor Krankheiten oder Schwangerschaftsverhütung. Individuelle Bedürfnisse und Identitätsentwicklung spielten weniger eine Rolle. Auch ginge es viel zu selten um sexualisierte Gewalt, obwohl fast die Hälfte aller jungen Menschen damit Erfahrungen habe.
Dr. Toni Simon, Fachdidaktiker für das Grundschulfach Sachkunde an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg, spannte in seinem Vortrag den Bogen zur politischen Bildung. Beide Fachbereiche hätten einen emanzipatorischen Kern und sollen Selbstbestimmung in einer Pluralen Gesellschaft bei gleichzeitiger Verantwortungsübernahme für andere ermöglichen. „Fragen der Sexualität waren und sind Gegenstände der Politik und des Politischen“, stellte Simon klar. Beispiele dafür fanden sich sowohl in seinem wie auch im Vortrag von Hein-Jürgen Voß viele: Ob der Umgang mit Künstlicher Intelligenz, mit der pornografische Inhalte erstellt werden, die Frage nach einem All-Gender-Klo in der Schule oder auch das Suchen nach Konzepten, um mit rechtsextremen Jugendlichen zu Geschlechterstereotypen zu arbeiten – die Verbindung von gesellschaftspolitischer Debatte und Sexualität liegen auf der Hand. Somit sorgten die Vorträge für einen regen Austausch unter den Teilnehmenden.
Dass die Verbindung von Sex und Politik auch kein gegenwärtiges Phänomen ist, zeigte die Historikerin Flora Hochschild am zweiten Tag. In ihrem Vortrag zeigte sie anhand eines anonymen Gedichts aus dem 17. Jahrhundert, wie Sexualität kunstvoll verhandelt und dabei so manches Tabu der Zeit gebrochen wurde. Solange die Konventionen der Kunst eingehalten wurden, war der Freiraum da, auch ins Perverse Abgleitende zu veröffentlichen. In der Diskussion wurden schnell die Parallelen ins Jetzt gefunden: Nichts anderes zeigt sich in Diskussionen um Schlager- oder Rammstein-Texte, in denen es um sexualisierte Gewalt geht. Die Melodie ist Mainstream, der Text kann mit Tabus brechen. Auch weitere benannte Phänomene wurden in der Diskussion des Vortrags als allzu bekannt beschrieben. So ermöglicht nur eine gewisse Macht die Möglichkeit, Freiräume in der eigenen Sexualität auszuleben. Hochschild beschrieb dies anhand der höfischen Kultur des Barock. Doch auch heute gehen Freizügigkeit und Macht oft Hand in Hand – zum Beispiel bei bekannten Musikern. „Queeren Menschen wird häufig Macht unterstellt, die sie selbst gar nicht so wahrnehmen“, berichtete Flora Hochschild aus ihrem eigenen Erleben. Schon allein die Tatsache, sich Freiräume zu nehmen, führe offenbar zu dieser Zuschreibung.
Zum Abschluss der Tagung diskutierten die Teilnehmenden dann in einem Mini-Barcamp eigene Erfahrungen und Methoden. So entwickelten sie ad hoc gemeinsam Formatideen, lernten voneinander in der Erstellung von Schutzkonzepten und tauschten in der „Methoden-Schlacht“ Materialien und Methoden aus. Themen und Gründe gibt es also genügend, um mit jungen Menschen über Sex und Politik ins Gespräch zu kommen. Alle Teilnehmende nehmen viele Impulse und Ideen mit, wie das gelingen kann.
Alfons Balmann, Gesine Langlotz, Jens Roder und Tanja Busse auf dem Podium (v.l.n.r.). Foto: (c) Metzdorf/EAT.
Einen Impuls zur Eröffnung des Abends übernahm Tanja Busse. Foto: (c) Metzdorf/EAT.
Die Leidenschaft des Podiums traf auf rege Diskussionsbereitschaft im Publikum. Foto: (c) Metzdorf/EAT.
Die Landwirtschaft gilt vielen als hochsubventionierte Branche mit geringer volkswirtschaftlicher Bedeutung. Der deutsche Normalhaushalt gibt keine 15 % für Nahrungsmittel aus. Landwirtinnen und Landwirte betonen dagegen ihre Ernährungsfunktion und beklagen eine fehlende Wertschätzung ihrer Arbeit. Wie das zusammenhängt, oft aber nicht zusammenkommt, und vor allem, wie es weiter gehen soll, war am 20.11.2024 das Thema im Chorsaal des Zinzendorfhauses in Neudietendorf.
Die Podiums- und Publikumsdiskussion fand als letzte Veranstaltung in der zweijährigen Reihe Land. Wirtschaft. Kollektiv. Wem gehört das Land? statt. Seit 2023 wurden in Thüringen acht Veranstaltungen organisiert, den Auftakt bildete eine Tagung im Panaromamuseum Bad Frankenhausen im April 2023 (Videoaufzeichnung). Die Reihe war eine Kooperation der Bundesstiftung Aufarbeitung gemeinsam mit dem Thüringer Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Thüringer Staatskanzlei und der Evangelischen Akademie Thüringen.
Von der Weltklimakonferenz in Baku nach Neudietendorf
Diskutiert wurde über zahlreiche Themenfelder hinweg zunächst auf dem Podium von Dr. Tanja Busse, Autorin und Journalistin (aktuelles Buch: Der Grund), Gesine Langlotz aus der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft Mitteldeutschland (AbL) und Prof. Dr. Alfons Balmann, Direktor am Leibniz-Institut für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (IAMO) in Halle (Saale). Balmann war wenige Stunden zuvor von der Weltklimakonferenz in Baku zurückgekehrt. Die Moderation hatte Jens Roder (MDR). Im Anschluss schaltete sich das Publikum – zu zwei Dritteln Landwirtinnen und Landwirte jeden Alters, angestellt oder bäuerlich-selbstständig – ein, bevor schließlich ein persönlicher Austausch aller Teilnehmenden bei Imbiss und Getränken möglich war.
Die einen: Wachsen oder weichen!
Alfons Balmann beantwortete die Frage nach dem Missverhältnis von Bedeutung und Anerkennung der Landwirtschaft mit der enorm gestiegenen Produktivität sowie dem hohen Einsatz an Kapital, was die teuren Traktoren, Maschinen und andere Hilfsmittel neben der menschlichen Arbeitskraft meint. Hohe Produktivität sorge mittelfristig für Preissenkungen am Markt und für Verbraucher – so sei es also möglich, dass die Lebensmittelversorgung als Selbstverständlichkeit und als ein „Job wie jeder andere“ erscheint. Gleichzeitig zwinge der vom Handel aufgenommene und in Preisdruck verwandelte Produktivitätsfortschritt selbst hocheffiziente Betriebe zu immer weiteren Optimierungen. Das setze schließlich eine Spirale in Gang, die sich mit noch mehr Kapitaleinsatz und noch größeren Betriebsflächen unaufhaltsam weiterdrehe – zum Beispiel in der Ukraine, wo selbst ostdeutsche Verhältnisse nur „mittelgroß“ erscheinen.
„Effiziente“ Landwirtschaft befindet sich damit in der paradoxen systemischen Lage, permanent ihr eigenes betriebswirtschaftlichen Grab auszuheben zu müssen und vorübergehend wieder zuschütten zu können. Was in anderen innovativen industriellen Branchen verträglicher erscheinen mag, rüttelt in der Landwirtschaft aber an der Planetentauglichkeit des fundamentalsten Wirtschaftszweigs der Daseinsvorsorge und an den Nerven derjenigen, deren Hof- und Betriebsplanung auf Jahrzehnte angelegt ist und auf Jahrhunderte der Kulturlandschaftspflege zurückblickt.
Eine mindestens ungesunde Situation, die sich im Unmut der Landwirtinnen und Landwirte niederschlägt, von wütenden Protestformen bis hin zu einer erhöhten Selbstmordgefahr. Wachsen oder weichen bedeutet unmittelbaren psychischen Druck, da Entfremdung, Existenzangst, Sinnverlust und drohendes Familienunglück im bäuerlich geprägten Empfinden und in der täglichen, intensiven Lebens- und Betriebspraxis zu einer schweren Seelenlast verschmelzen können.
Die anderen: Strategische Regionalisierung und Dezentralisierung der Landwirtschaft!
Gesine Langlotz und Tanja Busse setzten den vermeintlich unabänderlichen Notwendigkeiten einer markt- und kapitalgetriebenen (Land-)Wirtschaft zunächst die Vorstellung einer anderen Landwirtschaft entgegen. Es brauche aus ethisch offensichtlichen und wissenschaftlich untermauerten ökologischen, sozialen und ökonomischen Gründen kleinere Strukturen und mehr Menschen, die Landwirtschaft betreiben, so Langlotz. Stattdessen aber würde das Geburts- und Eigentumsrecht im privaten Grundbesitz dazu führen, dass sich ausgerechnet die außerlandwirtschaftliche Kapitalkonzentration im Agrarbereich ungebrochen fortgesetzt. Angestammte bäuerliche Traditionen würden so unterbunden und die freie Berufswahl von Neu- und Junglandwirtinnen als ungerechtfertigte individuelle „Erwartungshaltung“ hingestellt.
Eigentum verpflichtet: Gemeinwohlorientierung durch Agrarkonzerne?!
Das deutsche Grundgesetz mache den Gemeinwohl-Grundsatz „Eigentum verpflichtet“ stark, davon sei eine hochkapitalisierte und nicht-nachhaltige Konzern-Landwirtschaft aber weit entfernt. Diese sei wegen ihrer Machtstellung und „Systemrelevanz“ schließlich auch demokratiegefährdend, so Langlotz. Dass Gegensteuern nicht einfach eine Lust und Laune, gar nur Romantik oder „Haltung“ ist, wie Balmann Langlotz nahelegte, belegte Tanja Busse wiederum eindrücklich mit Verweisen auf die Umwelt- und Klimakrisen – vom Verlust von systemerhaltender Lebensvielfalt bis hin zu Extremerscheinungen im Zuge der Erderwärmung. Vielfalt, Dezentralisierung und Regionalisierung müssten die Antworten sein, so Busse, nicht gigantische Flächen- und Monokulturen sowie unsinnige globale Lieferketten, die zu strategischen Abhängigkeiten auf politischer und ökonomischer Ebene führten und zumal die Umwelt zerstörten.
Podium: Keine Einigkeit, keine Lösung – aber Ideen auf dem Tisch
Die gesprächsbereite Polarisierung des Podiums sorgte für eine lebhafte und hochemotionale Beteiligung des Publikums. Die Diskussion wog auf vielen verschiedenen Themenfeldern das Ist, das Soll und das Kann ab, vor dem die Entwicklung der Landwirtschaft steht. Freilich muss das Stemmen gegen die Marktspirale in Richtung landwirtschaftlicher Großbetriebsstrukturen gesellschaftlich und auch regulatorisch gewollt werden. Diese Entscheidung wird uns nicht abgenommen: Die zukünftigen Lebensbedingungen in der uns anvertrauten Schöpfung hängen davon ab, ob wir „Weiter so, bis jetzt lief’s glatt“ sagen oder ausrufen: „Das kann und muss anders!“
Veranstaltungsrückblick von Cedric Metzdorf (FSJler der EAT)
Immer mehr Menschen flüchten aus ihrer Heimat wegen Krieg, Gewalt oder politischer Verfolgung. Unteranderem aber auch wegen Naturkatastrophen, welche Armut und Hunger zur Folge haben können. Viele dieser Menschen fliehen dabei über den Seeweg mit meist viel zu kleinen Booten für zu viele Menschen. Aus diesem Grund kommt es sehr oft dazu, dass diese kleinen Boote mitten auf dem Meer kaputt gehen und die Menschen komplett hilflos ihrem eigentlich sicheren Tod ausgesetzt sind. Zum Glück gibt es immer wieder Such- und Rettungsaktionen, die aber meist auch sehr gefährlich für die Retter selbst sind.
Solch eine Seenotrettung wurde am 18.11.2024 im Augustinerkloster, in Form eines 93-minütigen Dokumentationfilms mit dem Namen „Einhundertvier“ gezeigt. Der Film war nicht wie eine klassische Dokumentation, mit einem geschnittenen Video und einem Sprecher, aufgebaut. Er zeigte bis zu sechs verschiedene Perspektiven der Rettung gleichzeitig und hatte keinen Erzähler, sondern nur den realen Ton der Rettung. Durch diese spezielle Variante der Dokumentation ist es dem Regisseur Jonathan Schörnig und dem Co-Regisseur Adrian Then sehr gut gelungen, dass sich Zuschauer die Situation sehr gut vorstellen können und die Gefühle der Geflüchteten aber auch die des Rettungsteams erleben oder sich in diese hineinzuversetzen.
Im Anschluss an den Film gab es eine spannende Fragerunde mit beiden Regisseuren, welche von ihren Intensionen mit diesem Film und von weiteren Hintergrund Geschichten erzählten. Des Weiteren erklärte der Regisseur Jonathan Schörnig, der bei der Rettung geholfen und gefilmt hat, welche Sorgen und Ängste er hatte und wie die Zustände bei, aber auch nach der Rettung auf dem Boot für alle Anwesenden waren.
Insgesamt konnte man sich durch diese Veranstaltung und den Film eine Seenotrettung sehr gut vorstellen und konnte verstehen, dass die geflüchteten Menschen durch Angst getrieben eine neue Heimat suchen, in der sie keine Angst vor Verfolgung, Armut und Hunger haben müssen.