Einmal im Jahr lädt der Bundespräsident Engagierte aus ganz Deutschland zum Bürgerfest ins Schloss Bellevue ein. In diesem Jahr war Thüringen Partnerland und durfte sich kulinarisch, kulturell und zivilgesellschaftlich im Park vor dem Schloss präsentieren. Unter den Gästen war auch die Akademie vertreten: Dr. Annika Schreiter war für Bubble Crasher eingeladen.
„Dieses Fest ist immer auch eine Ermutigung für all diejenigen, die sich in unserem Land engagieren, die sich für andere einsetzen. Und ich kann Ihnen sagen: Diese Ermutigung, die brauchen wir gerade so dringend wie lange nicht,“ sagte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier in seiner Eröffnungsrede. Und so wurde es ein Fest der Ermutigung mit vielen guten Begegnungen, Gesprächen und guter Unterhaltung und Verpflegung. Aus Thüringen mit dabei waren außerdem u.a. Landesbischof Friedrich Kramer oder der Verein Weimarer Republik e.V..
„Die Schule der Gottlosigkeit“ Von Welterlösungsideen zu totalitären Paradiesentwürfen. Unter dieser Überschrift beschäftigten sich 22 Jugendliche von insgesamt 107 Schülerinnen und Schülern in einer von sechs Arbeitsgruppen eine Woche lang mit „bösem Denken“. Geleitet wurde die Gruppe von Axel Große, Studienleiter an der Evangelischen Akademie Thüringen. „Den Bösen sind sie los, die Bösen sind geblieben“ sagt Mephisto in Goethes Faust. Nicht erst das 20. Jahrhundert ist eine Geschichte voller Abgründe. Philosophisch und praktisch gestützt auf die Aufklärung, verstanden sich die großen Ideologien dieser Zeit weitgehend als Wege radikaler menschlicher Autonomie. Gottes Stelle besetzte der Mensch selbst. Dabei fällt auf, dass gerade dann je eine fatale Un-Heils-Geschichte in Gang gesetzt wurde, wo auf irdische Paradiese zum Wohle aller abgezielt worden war.
Woran scheitern solche Utopien? Bleibt die „bessere Welt“ leider unerreichbar? Gibt es so etwas wie intellektuelle Denkfehler der Geschichte, eine „Intelligenz des Bösen“, die quasi zwangsläufig in Sackgassen enden? Es war eine heiße Woche, denn nicht nur aufgrund der hochsommerlichen Temperaturen kamen die Jugendlichen ins Schwitzen. „Denken ist anstrengend!“ stöhnten einige und dass es auf viele Fragen auch viele Antworten gab und wenig dabei eindeutig „falsch“ oder „richtig“ war, hat die Jugendlichen zudem überrascht. Die Abschlusspräsentation (siehe Fotos) in gewohnt hoher kreativ-künstlerischer Manier, fasste die „Denk“-Ergebnisse der Tage dann auch wunderbar zusammen.
Wer ist neu? Am 1. September wurden all jene vorgestellt, die in der letzten Zeit oder exakt an diesem Tag im Evangelischen Zentrum Zinzendorfhaus angefangen haben: Menschen in der Küche, in der Hauswirtschaft, an der Rezeption; Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen in den Bildungseinrichtungen; junge Leute in FSJ, FÖJ und BFD.
Den Rahmen dafür bildete das traditionelle gemeinsame Mittagessen. Beim Grillbuffet – halb vegetarisch, halb nichtvegetarisch – gab es viel zu erzählen. Am Rande lockten ein Kleidertausch und eine Pflanzenbörse.
Auch eine Spendenbüchse gab es hier – für den Zinzendorf Klimawald. Dieser soll einen Ausgleich schaffen für die Emissionen, die durch die Arbeit im Evangelischen Zentrum entstehen. Zwar sind wir mit dem „Grünen Hahn“ in Sachen Umwelt- und Klimaschutz in der richtigen Richtung unterwegs, wie die aktualisierte [Umwelterklärung]/https://zinzendorfhaus.de/wp-content/uploads/2023/08/Umwelterklaerung2021-Ueberarbeitung2023.pdf ) zeigt, doch von Klimaneutralität noch ein gutes Stück entfernt.
Den Anfang des Zusammenseins bildete die gemeinsame Mittagsandacht im Raum der Stille. Bei dieser Gelegenheit wurde das erneuerte Blatt für die täglichen Mittagsandachten im Zinzendorfhaus präsentiert und eingeführt.
Ist das wieder in Präsenz oder kann das weg? – Diese Frage stellten Julia Lange und Dr. Annika Schreiter im Online-Seminar „Betzavta Online. Mehr als nur ein Lückenbüßer!“. Denn als in der Pandemie auf einmal alles online sein musste, ging so Vieles – sogar Demokratielernen mit Betzavta (1). Doch jetzt, da die politische Bildung in die Seminarräume zurückgekehrt ist, sind viele dieser Online-Konzepte wieder in der digitalen Schublade verschwunden. Zu Recht? Oder lieber noch einmal darüber nachdenken, was davon zu behalten lohnt?
Um sich dieser Frage zu nähern, wurde exemplarisch die Übung „Das multikulturelle Umfeld“ online durchgeführt. Darin bauen die Teilnehmenden ein gemeinsames Stadtviertel und entscheiden, in welchen Sprachen die Gebäude beschriftet sein sollen. Wie viele verschiedene Sprachen braucht es und welche sind relevant? Welche Gebäude liegen in der Mitte und welche am Rand? Kann es Gemeinschaftsorte für wirklich alle geben oder ist das naiv? Braucht es nicht viel mehr verschiedene Orte für unterschiedliche Gruppen mit je eigenen Bedürfnissen? Die Aufgabe war alles andere als leicht. Das lag allerdings an der Kürze der Zeit und den gesellschaftlichen Dilemmata, die die Übung mit sich brachte, und nicht an der digitalen Umsetzung. Per Videokonferenz und auf einem Padlet als digitalem Flipchart ließ sich das gemeinsame Stadtviertel gut ausdiskutieren und darstellen.
Betzavta Online ist demnach kein Lückenbüßer und steht präsentischen Seminaren in nichts nach. Es ist einfach anders und die Gegebenheiten der verwendeten Online-Tools sowie die Medienkompetenzen und Technikausstattungen der Teilnehmenden müssen bei der Planung berücksichtigt werden – so wie ihre Bedarfe und Fähigkeiten im Seminarraum auch. Für kurze Formate oder für Teilnehmende, die nicht am selben Ort sind, lohnen Online-Betzavta-Seminare sich also definitiv.
(1) Betzavta – zu Deutsch „Miteinander“ – ist dein Demokratielernprogramm, das vom ADAM-Institute for Democracy and peace in Jerusalem entwickelt wurde und sich seit vielen Jahren in der Demokratie- und Menschenrechtsbildung bewährt hat.
Im Schambrowski – Kino, Filmverleih und Fachbibliothek für Graffiti im Erfurter Norden – wurde ein besonderer Kinoabend unter dem Titel „Die da oben oder wir hier unten?“ veranstaltet. Organisiert haben ihn Dania Borm (FSJ Politik, Landesgeschäftsstelle Bündnis 90/Die Grünen Thüringen ) und Max Deubel (FSJ Politik, Partnerschaft für Demokratie Gotha), die im Rahmen ihres Freiwilligendienstes die Aufgabe hatten, ein eigenes Projekt auf die Bühne zu stellen. Im Anschluss sprach Regisseurin Marie Wilke mit Madeleine Henfling, Vizepräsidentin des Thüringer Landtags, und Dr. Annika Schreiter von der EAT über Beteiligung und Demokratie.
Der Film zeigt eine Collage der politischen Lage der Jahre 2016 und 2017. In langsamen Einstellungen und aus zum Teil ungewöhnlichen Perspektiven beobachtet das Publikum u.a. eine Pegida-Demo, eine Führung im Deutschen Bundestag, einen Kreisparteitag in Meißen oder die redaktionelle Arbeit beim MDR zu einem Beitrag über die Identitäre Bewegung. Kommentiert wird nichts. Die Bilder stehen für sich. Häufig sind auch eher diejenigen zu sehen, die eine Situation beobachten und gar nicht so sehr die Handlung an sich, die durch den Ton aus dem Off transportiert wird. Manches ist unfreiwillig komisch. Vieles wirkt wie aus einer anderen Zeit – vor der Corona-Pandemie und bevor die AfD im Bundestag saß. Vieles ist aber aktueller denn je, wie die Hilflosigkeit angesichts von Menschen, die in wütenden Sprechchören auf offener Straße skandieren, dass sie nichts mehr sagen dürfen. Der Titel „Aggregat“ ist von einem Kunstwerk von Joseph Beuys inspiriert, das im Reichstagsgebäude vor dem Plenarsaal steht. Ein Ganzes aus unverbundenen Teilen, die doch alle zusammengehören.
In der Diskussion sagte Marie Wilke über ihren Film: „Es ist schon auch eine Art Beziehungsdrama.“ Auf der einen Seite seien so viele Bürgerinnen und Bürger, die sich beschweren, dass Politik so weit weg sei und ihnen niemand zuhöre. Auf der anderen Seite säßen Politiker:innen in halbleeren Räumen bei Bürgerdialogen und fragten sich, warum niemand komme.
Von Rebecca Robinson, Studentische Hilfskraft an der Evangelischen Akademie Thüringen
Unter dem Motto „Was muss bleiben, was kann weg?“ fand die diesjährige 7. Plurale Sommerakademie (PLUSA) erneut in Neudietendorf statt. Bei sonnigem Wetter, wärmenden Lagerfeuern und klarem Nachthimmel mit Sternschnuppen wurden an diesem Wochenende nicht nur akademische Transformationen diskutiert, sondern auch neue Beziehungen unter den Teilnehmenden geknüpft.
In den Pausen tauschten sich die Teilnehmer:innen über ihre eigenen Hintergründe aus und träumten von einer gemeinsamen Zukunft, die sie wirtschaftlich besser gestalten können. In den Workshops krempelten sie dann die Ärmel hoch und gingen mit Elan an die Arbeit. Unter erfahrener Leitung wurden insgesamt fünf Workshops angeboten. Die Themen erstreckten sich von Feministischer Ökonomik über die Kritik des Kapitalismus nach Marx bis hin zur Entwicklungsökonomik, ökologischer Ökonomik sowie zur Entkolonisierung der Wirtschaft. Die Workshops boten den Teilnehmenden dabei vielfältige Inspiration und Informationen, die zur Stärkung einer pluralen Wirtschaftswissenschaft und Wirtschaft beitragen sollen.
Die Beweggründe, an der Akademie teilzunehmen, waren vielfältig. Einige fühlten sich frustriert über veraltete Studiengänge, während andere sich freuten, Gleichgesinnte zu treffen und sich zu vernetzen. Unabhängig von den individuellen Motiven bot die Sommerakademie allen die Möglichkeit, Neues zu entdecken und persönlich zu wachsen.
Besonders in den Abschlusspräsentationen hatten alle Teilnehmenden die Gelegenheit, mehr über die verschiedenen Workshop-Bereiche zu erfahren und das Gelernte mit anderen zu teilen. Die Kreativität und Wissenslust der Arbeitsgruppen wurden dabei besonders deutlich und mit viel Lachen und offenen Ohren aufgenommen.
Ob auf Englisch, Spanisch, Französisch oder Deutsch – die Teilnehmer:innen fanden Freunde und Gelegenheiten, sich bis in die späten Abendstunden über ihre Leidenschaften auszutauschen. Dank des engagierten Einsatzes aller Mitwirkenden konnten die Beteiligten zwar müde, aber auch mit herzlichen Botschaften ihrer Gleichgesinnten abreisen und fiebern nun erwartungsvoll auf die nächste Akademie hin.