Evangelische Akademie Thüringen

Veranstaltungen 2005

11. – 13. März 2005

Lebenskunst im Film

Geburt - Liebe - Gott - Tod

"(…) denn da ist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.
Rainer Maria Rilke, Frühsommer 1918, Paris
 
Die beschädigte Figur eines griechischen Gottes inspiriert Rainer MariaRilke zu seinem bekannten Gedicht. Der Körper des Gottes Apollonscheint ihm wie Raubtierfelle zu flimmern. Die Konturen des Torsosscheinen ihm Strahlen auszusenden wie ein Stern. Und diesesKunsterlebnis, das durchaus religiöse Züge trägt, schlägt plötzlich insEthische um: "Du musst dein Leben ändern."

Das mag auch Menschen im Kino schon passiert sein. Die Dunkelheit, diedie Zuschauer einhüllt, wenn der Vorhang aufgeht und die Bilder zulaufen begonnen, tut das ihrige hinzu. Film ist das Medium, dasMenschen am stärksten zu rühren versteht.

Wie ändert man eigentlich sein Leben? Die Orientierung anTugendkatalogen, Geboten und Pflichten ist in letzter Zeit etwaszurückgegangen. Die Begierde, gut zu sein, auf die Schiller dasmoralische Wollen zurückführt, hat schon stärker geflammt.

Geben Filme Modelle für unsere Lebensführung? Und ist dieErschütterung, die uns im Kino ereilt, der Transmissionsriemen, derdiese ethischen Affekte auf Dauer stellt?

Wir werden gemeinsam vier Filme zu den Grundereignissen desmenschlichen Lebens ansehen, diese analysieren und uns darüberauseinander setzen, ob und wie Film und Lebenskunst zusammen hängen.

Dr. Bernd Kiefer, Seminar für Filmwissenschaft an der Johannes Gutenberg Universität Mainz
Frank Hiddemann, Evangelische Akademie Thüringen


Archaischer Torso Apollos

Wir kannten nicht sein unerhörtes Haupt, darin die Augenäpfel reiften.Aber sein Torso glüht noch wie ein Kandelaber, in dem sein Schauen, nurzurückgeschraubt,

sich hält und glänzt. Sonst könnte nicht der Bug der Brust dichblenden, und im leisen Drehen der Lenden könnte nicht ein Lächeln gehenzu jener Mitte, die die Zeugung trug.

Sonst stünde dieser Stein entstellt und kurz unter der Schultern durchsichtigem Sturz und flimmerte nicht so wie Raubtierfelle;

und bräche nicht aus allen seinen Rändern aus wie ein Stern: denn daist keine Stelle, die dich nicht sieht. Du musst dein Leben ändern.

Rainer Maria Rilke, Frühsommer 1918, Paris

Programm

Freitag11. März 2005


18:00 Uhr
Abendessen


19:00 Uhr
Begrüßung und Einführung ins Thema Frank Hiddemann, Neudietendorf


12:30 Uhr
Erster Film: GEBURT
"Alles über meine Mutter"
Pedro Almodóvar, Spanien 1999
  
  
Samstag
12. März 2005
  
08:00 UhrFrühstück


09:00 Uhr
Zweiter Film: LIEBE
"In the Mood for Love"
Wong Kar-Wai, Hongkong 2000


12:00 Uhr
Mittagessen


12:45 UhrKommentierter Spaziergang Lebenskunst und Gemeine Rundgang durch das herrnhutische Gebäudeensemble Neudietendorf
Frank Hiddemann, Neudietendorf


14:30 uhr
Kaffee und Kuchen


15:30 UhrDritter Film: GOTT
"Die Passion Christi"
Mel Gibson, USA 2004


18:00 Uhr
Abendbrot


19:00 Uhr
Vierter Film: TOD
"Das Zimmer meines Sohnes"
Toni Moretti, Italien: 2004
  
  
Sonntag13. März 2005


ab 08:00 UhrFrühstück


09:30 Uhr
Andacht "Wer sein Leben verliert, der wird es gewinnen." (Lk 17, 33)
Frank Hiddemann, Neudietendorf


11:00 Uhr
Lebenskunst - philosophische-theologische Impulse Vortrag und Diskussion
Prof. Dr. Wilfried Engemann, Münster


12:00 UhrMittagessen und Abschluss

Tagungsleitung

  • Frank Hiddemann