Evangelische Akademie Thüringen

Veranstaltungen 2005

16. September 2005

Pfarrhof von Wandersleben

Raue Stege, Rosenwege

Studientag zur Eröffnung der Menantes Literaturgedenkstätte in Wandersleben

"Hier geht man mit Lust der Tugend rauhen Steg
So zieret der Rosen Pracht der Weißheit sauren Weg."
So eröffnet Christian Friedrich Hunold einen Band, in dem erauserlesene Gedichte berühmter und geschickter Männer präsentiert.Verse des jungen Grafen von Zinzendorf stellt Hunold darin neben seineeigenen. Der Dichter mit dem Künstlernamen Menantes lebte ein Lebenzwischen Barock und Pietismus. Es begann in Wandersleben, wo man ihndieses Jahr feiert.

Teil dieser Feier ist ein Studientag, der Themen aus Menates' Leben anOrte bindet. Im Molsdorfer Lustschloss geht es um barocke Linien imWerke Hunolds, im Neudietendorfer Kirchsaal um pietistische Wege und inWandersleben natürlich um die biographischen Dimension.

Wir laden Sie ein, mit uns an schönen Orten etwas über einen barocken Schriftsteller und seine Welt zu erfahren.

Frank Hiddemann
Kommissarischer Direktor
Evangelische Akademie Thüringen


Leben und Wirken des Dichters
Christian Friedrich Hunold (1680-1721)

Christian Friedrich Hunold wurde am 29. September 1680 als Sohn desGräflich Gleichen-Hatzfeldtischen Pachtmannes Tobias Hunold inWandersleben geboren. Der Vater bewirtschaftete das gräfliche Vorwerk,welches sich ehemals auf dem Gelände der Domäne Wandersleben befand(Umfeld der heutigen Grundschule). Bereits 1691 starben die Elterninnerhalb eines Monats an einer "hitzigen Krankheit", wie man denKirchenbüchern entnehmen kann. So war Christian Friedrich Hunold seitseinem 11. Lebensjahr mit weiteren vier Geschwistern Vollwaise.

Da die Eltern ein ansehnliches Erbe hinterlassen hatten, konnte er einegute Bildung genießen. Er ging in Arnstadt zur Schule und wechseltespäter auf das "Gymnasium illustre Augusteum" nach Weißenfels. Dieseswurde seit 1678 vom berühmten Meister barocker Poetik, Christian Weise,geleitet. Ab 1698 studierte er an der Universität Jena Jurisprudenz,mußte aber 1700 das Studium aus Geldmangel abbrechen. SeinWanderslebener Vormund lehnte jegliche weitere Unterstützung ab, sodass der 20jährige allein auf sich gestellt nach Möglichkeiten suchenmusste, wie sein Lebensweg weiter zu gestalten war. In höchsterfinanzieller Notlage wandte er sich nach Hamburg. (Quellen berichtenvon dem Umstand, dass er im Winter ohne Winterkleidung loszog!)

1700 erschien sein erster Roman mit dem Titel "Die galante undverliebte Welt". Dieses Werk begründete seine Anerkennung alsSchriftsteller. Er wählte ab dieser Zeit das Pseudonym MENANTES fürseine Werke. Das Pseudonym entlehnte er nach eigenem Bekunden einerOper, die er während seines Aufenthaltes in Weißenfels gesehen hatte.Es folgten weitere Gedichtbände und Romane, in denen er zum Teil Zu-und Umstände an der Hamburger Oper, aber auch im bürgerlichen undaristokratischen Umfeld der Stadt satirisch zuspitzte und gehörigkarikierte. Heutigen Lesern mag sich der Text mancher Satiren nichtmehr vollständig zu entschlüsseln; Zeitgenossen erkannten durchaus sichund andere wieder – ein Skandal ließ nicht lange auf sich warten.

Christian Friedrich Hunold wurde auch durch seine Zusammenarbeit mitdem Komponisten Reinhard Keiser an der 1. Hamburger Oper, die 1678gegründet worden war, als Librettist bekannt. Er überarbeite 1703 dievon G.C. Schürmann verfasste Oper "Salomo" und schuf 1704 als eigenesWerk die Oper "Nebucadnezar". Darüber hinaus stammt noch dasPassionsoratorium "Der blutige und Sterbende Jesus" aus seiner Feder,das im Hamburger Dom uraufgeführt wurde. Aus dieser Arbeit alsLibrettist erklärt sich auch der Umstand, dass der Name Menantesheutigen Musikwissenschaftlern häufig vertrauter ist als Germanisten.Auch in späteren Jahren pflegte Hunold die Zusammenarbeit mitverschiedenen zeitgenössischen Komponisten bzw. erfuhr seine Dichtungbei ihnen solche Wertschätzung, dass seine Werke von ihnen vertontwurden. So sind mindestens sechs Kantaten Johann Sebastian Bachs ausdessen Köthener Zeit mit Texten Hunolds versehen. Weitere musikalischeWerke unter Hunolds Beteiligung finden sich im Werkverzeichnis vonGeorg Philipp Telemann sowie des Anhaltiners Johann Friedrich Fasch.Möglicherweise kreuzten sich die Wege Bachs und Menantes' bereits inThüringen, vielleicht auch später im Anhaltinischen, als Menantesbereits in Halle ansässig war. Beweisbar sind diese Überlegungen nicht,allenfalls Gedankenspielereien.

Von Wandersleben aus erschien unter anderem "Die allerneueste Art zurreinen und galanten Poesie zu gelangen", einem für die Theorie der Operund Dichtkunst wichtigen Werk, das im wesentlichen Gedanken seinesFreundes Erdmann Neumeister aufnahm. Hunolds Vorwort endet mit denWorten "Nicht weit von Freudenthal bey dem Schlosse von Gleichen. Den28. Juli 1706." – (Dieses und sechs weitere Werke konnte derMenantes-Förderkreis Wandersleben mit Hilfe von Sponsoren und durchFörderung des Freistaates Thüringen für das künftige Museum bereitsankaufen.). In der zweiten Hälfte des Jahres 1708 begab sich Hunoldnach Halle an der Saale und hielt ab dieser Zeit Vorlesungen überPoetik und Rhetorik. 1714 erwarb er den Abschluss als Doktor der Rechtean der Universität Halle. Ebenfalls 1714 ehelichte er die Tochter desHoch-Fürstlichen Anhalt-Bernburgischen Commisarius Zindel. Aus dieserEhe gingen vier Kinder hevor.- Unser Hunold-Menantes wurde solide,provozierte keine Skandale mehr und ging seiner Tätigkeit als Dozentund Dichter nach.

Programm

Freitag16. September 2005


12:30 UhrAnkunft Pfarrhaus Wandersleben (Hauptstr. 54)


13:00 Uhr
Begrüßung
Führung durch die Menantes Gedenkstätte

Dr. Jens-Fietje Dwars, Freier Autor und Ausstellungsmacher, Jena


13:45 Uhr
Bustransfer nach Molsdorf


14:00 Uhr
Schloss Molsdorf
Führung
Dr. Detlef Ignasiak


14:30 Uhr
Schloss Molsdorf, Festsaal
"Die galante und verliebte Welt"
Spiel und Tod im Zeitalter des Barock

Prof. Dr. Irmgard Scheitler, Universität Würzburg


15:30 Uhr
Bustransfer nach Neudietendorf


16:00 Uhr
Führung durch das Herrhuter Gebäudeensemble
Frank Hiddemann, Neudietendorf/Weimar


16:30 Uhr
Kirchsaal Neudietendorf
Die Frommen, die Schönen und die Reichen im Lande.
Vexierspiele zwischen Pietismus und Ästhetik

Priv. Doz. Dr. Rainer Bayreuther
Institut für Musikwissenschaft, Weimar/Jena


18:00 Uhr
Bustransfer nach Wandersleben


18:00 Uhr
Kleiner Imbiss


20:00 Uhr
St. Petri Kirche Wanderleben
Menantes und Bach Ein Musikprogramm von Schülern und Lehrern der Regelschule Günthersleben-Wechmar Thüringer

Barockschriftsteller
Dr. Detlef Ignasiak, Bucha


22:00 Uhr
Ende der Veranstaltung

Tagungsleitung

  • Frank Hiddemann